Montag, 21. Dezember 2015
Rückwärtsgewandte Utopie
Wenn man später einmal aus der im Rückblick zeitgenössischen Literatur das Leben während des dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte erkunden möchte, also der alten Bundesrepublik, wird man nur sozialkritische Schriften finden und schlussfolgern auf ein Leben in einem Land, das von Nazivergangenheit geprägt war, nach rechts driftete, intoleant und homo- und kindersexfeindlich war, rassistisch geprägt mit Neigung zum Faschismus.

Man wird keine Beschreibungen finden von einem Leben in Freiheit. Man wird keine Propaganda der Freiheit finden, denn die Freiheit wirbt nicht, ihre Werbung ist die Unfreiheit. Wenn es zu wenig Unfreiheit gibt, verliert die Freiheit ihren Stellenwert.

Vielleicht hat man Bücher erhalten aus dem Nachbarland DDR, wo nicht alles schlecht, aber alles gut gemeint war. Man wird nicht glauben können, dass man in der DDR auf die kritische Literatur des Westens mit Neid geblickt hat und begierig danach war, mentale Werkzeuge zu kriegen, die Gesellschaft kritisch zu beleuchten.

Man wird eine Beschreibung des Rechtsstaates als eine nicht zu verwirklichende Idee abtun, man wird Demokratie als Trugbild ansehen und man wird Meinungsfreiheit als Kampfbegriff einer umstürzlerischen Meute auffassen.

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