Mittwoch, 19. August 2015
Lügensprache
Im Artikel http://www.tagesspiegel.de/berlin/gewalt-in-berlin-friedrichshain-raw-gelaende-alle-ueberfordert-richter-politik-alle-einfach/12204562.html ist nichts im eigentlichen Sinne gelogen. Dennoch ist die Art des Schreibens, die Struktur und die Herangehensweise, ein Abdruck der herrschenden Verlogenheit, und zwar durch die Auslassungen, durch die Sprache selbst.
Es gibt Ortsangaben, Deliktbeschreibungen, ein Ausgehviertel in einer angesagten Wohngegend, das aber auch ein Drogenumschlagplatz ist, in der sich Gewalttaten häufen.
Es häufen sich also Gewalttaten. Geht es nicht etwas journalistisch nachgehakter? Wie sieht das Häufen aus? Wer häuft? Wann wird gehäuft?
„Aus Sicht vieler Menschen, die auf dem Areal oder in der Nähe arbeiten, hat sich die Situation verschlimmert.“ Wie hat die Situation das denn gemacht?
Ein Gastwirt gibt nähere Auskunft: „Diese Typen haben keinen Respekt, beklauen meine Gäste, dealen direkt vor meinem Laden.“
Ach, Typen sind es. Diese sogar.
Aber hier geht man journalistisch ins Detail: der Wirt „hebt mit einer resignierenden Geste die Arme.“

Auf die Idee, über die Gewalttäter zu schreiben, kommt man gar nicht. Die zu benennen wäre nicht opportun.

Die Politik ist aber nicht tatenlos. Der SPD-Vorsitzende von Friedrichshain und Anwohner „sieht ‚Verdrängungseffekte’ durch die strengeren Kontrollen im Görlitzer Park, wodurch noch mehr Dealer nach Friedrichshain strömten. Er fordert einen Runden Tisch mit Polizei, Stadtreinigung, Eigentümern, Clubbetreibern und Politik, um das Problem anzugehen.“

Die einzige konkrete Person ist die Sängerin von Jennifer Rostock: „’Ich will keine Panik schüren, aber die Lage dort hat sich in den letzten Jahren einfach verschlimmert’, sagt die Sängerin, die seit rund zehn Jahren im Kiez wohnt.“
Kiez.

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