Donnerstag, 29. März 2018
Biedermännlichkeit
tagesschauder, 12:29h
Die Sendung Kalenderblatt vom DLF hat heute einen Moment unfreiwilliger Komik zu bieten. Es geht um die Uraufführung von Max Frischs „Biedermann und die Brandstifter“.
Es wird berichtet, Biedermann werde „die beiden unangenehmen Typen, die ohne Motiv unvermittelt in sein Haus vordringen, auf seinem Dachboden beherbergen, verköstigen und sogar höflich-zurückhaltend unterstützen. Obwohl die drohende Gefahr förmlich in der Luft liegt.“
Das ist es noch nicht.
„Warum der Modell-Biedermann die Bedrohungslage weder jetzt noch im weiteren Verlauf des Stückes erkennt, genauer: zu erkennen bereit ist – warum er sich selbst belügt und zur Toleranz zwingt – diese Frage ist der Kern von Frischs 'Lehrstück ohne Lehre ...'“
Auch noch nicht.
Die zeitliche Einordnung ist die: „Mitten im aufkeimenden Wirtschaftswunder rührt er unerwartet an beunruhigende Tabus: Warum reagieren wir nicht? Warum hätte weder einst noch jetzt eine Kassandra eine Chance, wenn sie vor der atomaren Aufrüstung gewarnt hätte? Fragen, die heutzutage in Anbetracht massiver Bedrohungslagen nichts an Aktualität eingebüßt haben.“
Geht auch klar.
Es kommt ein Zitat eines Literaturwissenschaftlers: „'Die Aktualität von ‚Biedermann und die Brandstifter‘ wird wohl nie aufhören, denn es wird immer eine Vertrauensseligkeit geben, die sich hinters Licht führen lässt, die nicht den Wolf im Schafspelz erkennt.' Nicht erkennt und definitiv nicht erkennen will. Mehr noch, und dies ist bis heute der besondere Reiz des Stückes: Der Biedermann wird zu einem Virtuosen der Vertrauensseligkeit!
...
Doch gerade weil die Gefahr faktisch so unübersehbar und das Ende absehbar ist, kann sich die irrwitzige Parabel ohne Lehre so virtuos und tragikomisch entfalten: Bis hin zum bitteren Ende, wenn der Hausherr, bloß um den Vorwurf des Misstrauens zu unterlaufen, den Verbrechern auch noch die Zündhölzer überlässt.“
Da haben wir die unfreiwillig komische Stelle übersprungen und reichen sie jetzt nach. Das Zitat wird eingeleitet: „Die aktuellen Probleme von Rechtsradikalismus bis Terrorismus, von Arbeitslosigkeit bis Profitgier kannte der Literaturwissenschaftler Walter Hinck noch nicht, als er bereits 1998 urteilte: 'Die Aktualität' usf.“
Rechtsradikalismus.
Biedermännisch.
Es wird berichtet, Biedermann werde „die beiden unangenehmen Typen, die ohne Motiv unvermittelt in sein Haus vordringen, auf seinem Dachboden beherbergen, verköstigen und sogar höflich-zurückhaltend unterstützen. Obwohl die drohende Gefahr förmlich in der Luft liegt.“
Das ist es noch nicht.
„Warum der Modell-Biedermann die Bedrohungslage weder jetzt noch im weiteren Verlauf des Stückes erkennt, genauer: zu erkennen bereit ist – warum er sich selbst belügt und zur Toleranz zwingt – diese Frage ist der Kern von Frischs 'Lehrstück ohne Lehre ...'“
Auch noch nicht.
Die zeitliche Einordnung ist die: „Mitten im aufkeimenden Wirtschaftswunder rührt er unerwartet an beunruhigende Tabus: Warum reagieren wir nicht? Warum hätte weder einst noch jetzt eine Kassandra eine Chance, wenn sie vor der atomaren Aufrüstung gewarnt hätte? Fragen, die heutzutage in Anbetracht massiver Bedrohungslagen nichts an Aktualität eingebüßt haben.“
Geht auch klar.
Es kommt ein Zitat eines Literaturwissenschaftlers: „'Die Aktualität von ‚Biedermann und die Brandstifter‘ wird wohl nie aufhören, denn es wird immer eine Vertrauensseligkeit geben, die sich hinters Licht führen lässt, die nicht den Wolf im Schafspelz erkennt.' Nicht erkennt und definitiv nicht erkennen will. Mehr noch, und dies ist bis heute der besondere Reiz des Stückes: Der Biedermann wird zu einem Virtuosen der Vertrauensseligkeit!
...
Doch gerade weil die Gefahr faktisch so unübersehbar und das Ende absehbar ist, kann sich die irrwitzige Parabel ohne Lehre so virtuos und tragikomisch entfalten: Bis hin zum bitteren Ende, wenn der Hausherr, bloß um den Vorwurf des Misstrauens zu unterlaufen, den Verbrechern auch noch die Zündhölzer überlässt.“
Da haben wir die unfreiwillig komische Stelle übersprungen und reichen sie jetzt nach. Das Zitat wird eingeleitet: „Die aktuellen Probleme von Rechtsradikalismus bis Terrorismus, von Arbeitslosigkeit bis Profitgier kannte der Literaturwissenschaftler Walter Hinck noch nicht, als er bereits 1998 urteilte: 'Die Aktualität' usf.“
Rechtsradikalismus.
Biedermännisch.
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