Samstag, 16. August 2025
Unterwanderter Zeitgeist
In der NiUS-Sendung bestätigen zwei Gewährsfrauen unsere Mutmaßung zu dem Kanu des Manitu, zu zeitgeistkompatibel trotz einiger Lachstellen. Kann passieren. Nun hat Bully Herbig den Stern-Titel, er wird zitiert, „Zeitgeist ist mir egal“. Wirklich?

Er meint es als Entschuldigung, warum er nicht gegen den Zeitgeist opponiert. Ist egal, kein Thema, nie gehört. Er hätte ja Indianer darüber diskutieren lassen können, ob sie die Bleichgesichter als Weiße bezeichnen dürfen.
Er bestreitet, sich gefügt zu haben.
Das heißt nur, er muss sich nicht einmal fügen. Ist eben alles so, es geht, was geht.

Das heißt, auch der Zeitgeist ist unterwandert und gleichgefördert.
Vor vierzig bis fünfzig Jahren sagte man etwa über Udo Lindenberg, „wie der immer den Zeitgeist trifft“, und das war anerkennend gemeint. Niemand hätte das, was die Parteien und Verlautbarungsstellen ausgeben, für den Zeitgeist gehalten, außer wenn da mal was Ungewohntes kommt, das ein Gefühl ausdrückt, das sonst nicht vorkommt, so was alles, wir Älteren erinnern uns.
Geändert hat sich also die Prämisse oder das Paradigma, was Zeitgeist sei, und nachgeordnet, worin er nun besteht oder wofür er gebraucht wird.

Schön für Bully Herbig immerhin, er hat sich besser gehalten als der Zeitgeist.

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Ich wollte mal wissen, wie richtige Western das machen, und habe mir "Horizon, Eine amerikanische Saga" angesehen. Ein Westernfilm, den Kevin Costner 2024 geschnitzt hat. Drei Stunden lang, schöne Bilder, blasse Figuren. Im Kino war's ein Flop, aber auf der Streamingplattform läuft es gut. Egal.

Horizon ist ein nackter Flecken Erde in New Mexico, für den jemand Werbung mit Flyern gemacht hat und Land an Siedler verkauft hat. Die Siedler kriegen vor Ort Ärger mit Apachen. Es gibt Tote, die improvisierten Behausungen der Siedler gehen in Flammen auf. So weit, so erwartbar. Irgendwann kommt die Kavallerie und kann den Siedlern nur sagen, dass sie dort nicht bleiben können und der Truppe bittschön zum nächsten Armeeposten folgen sollen.

Der junge Leutnant muss das den Siedlern verklickern. Interessant ist die Stelle wegen der Wortwahl, die 1861 ausführlich über Indianer spricht, aber ohne Indianer auskommt: "The men who hunt this land, they're not gonna share it with you. What you build, they will burn down. The site you chose is not one we can defend, as the Indigenous are well aware." Indigenous also anstatt Indianer.

Das Vergnügen über die Wortwahl ist nicht vollständig, wenn man nicht auch den deutschen Text genießt: In der Synchronisation wird das Ersatzwort übersetzt mit "was die Ureinwohner genau wissen", im deutschen Untertitel sogar mit "das wissen die Einheimischen genau".

Die Internetmaschine, die ich danach gefragt habe, sagt, "der Sprachgebrauch des Begriffs Indigenous ist historisch nicht ganz korrekt, sondern spiegelt eine moderne sprachliche Sensibilität wider." Man kann's kaum schöner sagen!

Später im Film kommt Indigenous meiner Erinnerung nach leider nicht mehr vor. Nur dieses eine mal im ersten Viertel und das ist der eine Moment, wo der Film dem Zeitgeist das notwendige eine mal an den Sack greift und sagt, "schon gut, ich mach's dir, naa, fühlt sich das gut an?"

Die Originalversion hat noch einen Vorteil, einen Hau, weil überall, wo es um Indian geht, schreiben sie "Injun" in den Untertitel und sprechen es auch genau so verwaschen aus. Die deutsche Synchronisation und die deutschen Untertitel haben das Pech, dass sie in perfektem Hochdeutsch Indianer sagen und Indianer schreiben. Probleme.

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Zusatzfrage für Nerds: wieso kommt Englisch da im Wesentlichen mit einem Wort aus ("Indian"), während das Deutsche locker drei Wörter dafür eingesaugt hat (Inder, Indianer, Indio) und mindestens zwei Adjektive, indisch und indianisch, und welche davon sind älter? Die Antwort zieht euch die Schuhe aus und wieder an.

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