Sonntag, 26. März 2017
Gelernter Bürger
In der späten DDR gab es das geflügelte Wort vom „gelernten DDR-Bürger“, es stammte vom Conferencier O.F. Weidling, der damit einen stürmischen Lacher im Publikum auslöste, das die Mischung aus Optimismus und Verrücktheit verstand; man hat sich eingerichtet und weiß so etwa, wie es läuft, obwohl man es keinem Außenstehenden erklären könnte, aber es verbindet.
Zum letzten Mal sagte dies Wolfgang Stumph im Trabi-Film in Italien: „Ich bin gelernter … DDR-Bürger“, resignativ und ohne einen Anflug von „war nicht alles schlecht“ – das Wissen war obsolet geworden und keinen Pfifferling mehr wert, denn es hat sich nie um echtes Wissen gehandelt, nur eine Art von Anpassung mit Hoffnung auf unauffälliges Durchkommen.

So wird es den toleranten aufgeschlossenen weltoffenen gendergerechten Bundesbürgern auch ergehen. Man wird nach dem Zusammenbruch nicht mehr plausibel machen können, warum man es für erstrebenswert gehalten hat, sich in Normsprache auszudrücken, man wird entsetzt sein über die Bildungspolitik, die aufgearbeitet werden wird, man wird nicht verstehen, wieso man mitgemacht hat oder nicht hinsehen wollte, wo doch die Realität vor der Nase war, vielleicht wird man sich vormachen, nur das Gute und Mitmenschlichste gewollt zu haben und belogen und betrogen worden zu sein.

Allerdings wird auch das nur vorübergehend sein; erstens gibt es nicht viele, die sich dann darüber noch Gedanken machen können, und zweitens wird die Establishment-Blase, die derzeit nur existiert, weil sie von den Ausgebeuteten bezahlt wird, erneut zur Erlangung der Herrschaft ansetzen, sobald wieder genug zu holen sein wird.
Dies ist die Lehre aus der Geschichte, unerwartet und nicht vorhergesehen bei der Wiedervereinigung, aber so ist es geschehen.

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