Mittwoch, 16. Oktober 2019
Haltungsshow
Das Radio-Kalenderblatt rechnet vor einigen Tagen ab mit Rainer Werner Fassbinder, natürlich ohne es eigentlich so zu meinen. Vor fünfzig Jahren hatte sein Film „Katzlmacher“ Premiere. Er war Vielfilmer und Schnellarbeiter, was nicht schlecht sein muss, eine sperrige Art spricht auch nicht unbedingt gegen den Autorenfilmer. Der Film behandelt Ausländerfeindlichkeit in der Provinz. Katzlmacher werden Ausländer genannt von der hasssprechenden Bevölkerung. Katzl sind uneheliche Kinder.
Soweit wir aus der Biographie von Rainer Werner Fassbinder schließen können, kriegt er jedenfalls die Katzl nicht gemacht. Wäre er nach heutigen Identitätsmaßstäben überhaupt befugt, darüber zu filmen? Ja, denn sich gegen die Bevölkerung zu stellen, geht immer. Es war ja Nachkriegszeit, Nachnationalsozialismuszeit. Da mussten sich die neuen Eliten absetzen von der vormaligen Macht, die sich auf die Einheit von Staat und Volk berief. Zu Unrecht, aber wirksam.
Hat es in der alten Bundesrepublik überhaupt Ausländerfeindlichkeit gegeben? Man hat immer nur die Quellen, wie sich die Neueliten mit Ausländerfeindlichkeit auseinandersetzen und gegen Ausländerfeindlichkeit Gesichter zeigen.
Aus diesen Quellen geht jedenfalls gar nichts hervor, weil sie nichts beinhalten außer der eigenen Haltung.

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Montag, 24. September 2018
Die Kulturschaffenden des Grünen Reiches
Im Zusammenhang mit dem Brief der Kulturschaffenden war gepostet, was 1976 die Kulturschaffenden der DDR auf Seite 1 des Neuen Deutschlands zu sagen hatten, sie hatten zu sagen, dass sie für die Ausbürgerung Biermanns sind, unter der Überschrift „Überwältigende Zustimmung der Kulturschaffenden der DDR zur Politik von Partei und Regierung“. Heute macht man das, indem man sich gegen einen Minister positioniert, das wäre damals nicht gegangen.
Aber etwas ist interessant; schon damals nutzten die Kulturschaffenden die geforderten Zeilen für ihre Eigenwerbung. Das Kabarett sagte sinngemäß, wir machen lustig, sind aber positiv. So ähnlich äußerte sich Titanic nach Charlie Hebdo.

Etwas anderes ist kaum mehr zu verstehen, weil man solche Nuancen nicht mehr wahrnimmt. Schriftstellerin Anna Seghers, die in der DDR die Funktion ihres eigenen Denkmals ausübte, stand auf der Titelseite an erster Stelle mit etwas größerer Schrift sogar, sie schrieb, sie habe nie gegen die Ausbürgerung unterschireben und dann ihre Unterschrift zurückgezogen, das seinen westliche Meldungen mit dem Zweck der Verwirrung, die DDR sei das Land, in dem sie seit Gründung leben wolle.
Ja und?
Damit bekundet sie gerade nicht die überwältigende Zustimmung zur Politik von Partei und Regierung, sondern spricht sich für das Land aus.
Das ist nicht Opposition, schon gar kein Widerstand, auch kein passiver, aber die Wahrung einer letzten Distanz, die möglich ist, ohne vom Sockel gestoßen zu werden.

So was ist von keinem der Kulturschaffenden des Grünen Reiches zu erwarten.

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