Donnerstag, 4. Oktober 2018
Wer das Volk ist
Schäuble meint also, dass niemand das Volk repräsentiert, keine Einzelperson, das stimmt natürlich. Man könnte indes vom Parlamentspräsidenten erwarten, dass er eine Verpflichtung verspürt, genau dies zu tun, als Verfassungsauftrag, weil das Parlament den Volkswillen repräsentiert. Wir wählen nicht die Zusammensetzung eines Herrschaftsgremiums, sondern Volksvertreter. Dieser Gedanke kann der Elite durchaus mal mit „Wir sind das Volk“ ins Gedächtnis gerufen werden, die Elite meint, es gäbe kein Volk, weshalb nur die Dummen glauben, es zu sein.
Zur Verachtung des Volkes reicht es dann doch.
Es zeugt von demokratischer Reife, wenn Leute, die nichts mit Medien machen und nicht im Politikbetrieb oder in der Staatsindustrie tätig sind, sich darauf berufen, Volk zu sein. Erst, wenn das nichts bringt, werden aus sieben Sachsen neunundvierzig und dann dreihundertdreiundvierzig.


Nachtrag zur Demokratie: Das ist der Unterschied zu den 68ern, die sagten nicht, wir sind das Volk, die sagten, wir sind die, die rechthaben, die Elite, das neue Establishment mit dem bolschewistischen Herrschaftsanspruch. Logisch, dass sie sich bedroht fühlen.

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Montag, 23. März 2015
Wo ist das Volk?
Auf der Leipziger Buchmesse redete ein mutmaßlicher DDR-Ex-Bürgerrechtler am Areal der Bundeszentrale für politische Aufklärung darüber, wie man bei den 89er Montagsdemonstrationen auf „Wir sind das Volk“ gekommen sei; ringsum standen die so bezeichneten Volkspolizisten, Volksarmee, Volkskräfte, alles für das Wohl des Volkes, und die brachte man zum Innehalten, indem man ihnen sagte, das Volk sind wir hier, ihr beschützt uns. Und es hat funktioniert.
Was er damit sagen sollte, war, dass die heutigen Demonstranten gar nicht in der vergleichbaren Lage sind und deshalb nicht behaupten können, sie seien das Volk.

Schön, dass niemand so weit mitdenkt und fragt: Warum eigentlich nicht? Warum kann man die heutige Führung nicht mit „Wir sind das Volk“ beeindrucken, wieso ist Volk kein positiv besetzter Begriff mehr? Im Namen des Volkes wird noch geurteilt, aber meistens wird verglichen und eingestellt.
Laut Verfassung geht die Staatsgewalt vom Volke aus, aber Journalisten weisen nach, dass es das Volk gar nicht gibt. Populismus gibt es, aber kein Volk, den großen Lümmel.

Das heißt, die Herrschenden haben gewonnen. Dann gibt es auch keine Demokratie, dann gibt es keine Volksverräter.

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