Sonntag, 16. Juli 2017
Anscheinspolitik
Man meint mitunter, die Politik käme vor lauter moralisierender Politkorrektheit gar nicht mehr dazu, sich um die Politik zu kümmern.
Wenn man es sich zur Gewohnheit macht, auch immer andersherum zu denken, ergibt es aber gleichwohl einen Sinn und ein Modell, das noch besser erklärt, wieso es so kommt: Die fehlende Entscheidungskompetenz der Politiker, die daraus resultiert, dass die Entscheidungen woanders getroffen werden – „Brüssel“ – hat zwei Effekte; es kommen noch weniger Sachkompetente in die Positionen, weil es keine Auswahl nach Sachverstand gibt, und die Inhaber der Machtpositionen müssen trotzdem irgendwas machen, Macht ausüben, ihre Herrschaft sichern und legitimieren, und da gibt es nur die pseudomoralische Überhöhung und die Keule gegen die anderen. So kommt es, dass ein Bürgermeister für die Weltrettung eintritt und eine Gleichstellungsbeauftragte für Europa, die Stadtwerke für geschlechtergerechte Sprache Geld ausgeben und die Studentenvertretung das Klima rettet.
Diese Anscheinspolitik ist selbstverstärkend, sie benötigt immer mehr vom selben und braucht auch die Nazis als das große Gespenst, mit wirklichen Nazis kann sie nicht umgehen, und sie schließt die Gewalttätigkeit ein, die den einen als Exzesse erscheinen und den anderen als gar nichts damit zu tun habend.
Auch hier erscheint Merkel einmal mehr als Produkt, nicht als Akteur.

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