Montag, 21. März 2016
Autoritätsverlust
Man kann den Backbordjournalisten nicht vorwerfen, sei würden nicht über sich Auskunft geben.
Spiegelkolumnist Diez, der vom Foto den Leser schon so anblickt, als würde er ihn für einen möglichen Pegida-Sympathisanten halten, hat aufgeschrieben, wie er die Wahldesaster AfD und Trump erklärt, nämlich mit einer Sehnsucht nach Autorität. Einer tief verwurzelten sogar.
Die Tiefwurzelanalyse geht redundant so: „Die autoritäre Persönlichkeit hat andere Werte, sie will Sicherheit statt Freiheit, sie will Ordnung statt Offenheit, sie will Hierarchie und kein Netzwerk, ihre Ängste sind groß und zugleich und abstrakt, die Angst vor dem IS ist größer als die Angst vor einem Verkehrsunfall.“

Man kann sich das offene hierarchielose freie Netzwerk beim Spiegel gut vorstellen und es als Gesellschaftsmodell empfehlen, der Text erklärt aber überhaupt nichts außer, was Diez sich wünscht und was er lieber nicht in die intellektuelle Verarbeitung vordringen lässt. Wer Autorität will, wäre mit Merkel ganz gut bedient. Die achtzig Prozent zustimmender Wähler könnten also genauso als autoritäre Persönlichkeiten bezeichnet werden. Was Diez den AfD-Wählern verübelt, ist gerade, dass sie gegen die Autorität handeln und dass er für sie keine Autorität darstellt, wie er es gerne hätte.
Wie bei den Arbeitern der Tastatur üblich hat er gar keine Angst vor dem IS, weil er ihn sich einfach wegwünschen kann. Diese Verleugnung ist eine blanke Angstreaktion, deshalb muss die eigene Angst bei anderen gefunden werden.

Wer die AfD-Wahlerfolge nur als Dummenfang betrachten kann, zeigt damit nicht nur seine Verachtung aller, die nicht zu den oberen zehn Millionen gehören, sondern legt auch die politische Gewohnheit offen, die da unten nur für die gelegentliche demokratische Bestätigung zu benötigen. Verkannt wird, und dies notwendigerweise zur Aufrechterhaltung der eigenen Wichtigkeit, dass sich hier Leute engagieren, die das eigentlich nicht vorgehabt hatten und die gerade von dem autoritären politmedialen Komplex genug haben. Die Autorität wird abgewählt.
Sie haben es nicht mehr nötig, sich von Diez vorschreiben zu lassen, ob die Angst vor Verkehrsunfällen oder dem IS größer zu sein hat.

Und was Diez nicht begreifen kann: Der Verkehrsunfall ist ein Risiko, der IS eine Bedrohung.

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Georg Diez
ist ja noch ein vglw. Netter und Gebildeter; dass seine politischen Analysen kaum kritisierbar sind, wenn Generalkritik vermieden werden soll, steht auf einem anderen Blatt.
Gelegentlich hat er aber gute Gedanken. [1]

Was ihn von anderen in bundesdeutsch geleiteten Medien gar positiv absetzt, ham'Se mal in die Huffington Post geguckt mit ihren Publizisten und Einschätzungen?

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Die treiben den anscheinend wirtschaftlich angeleiteten Gedanken der Spiegel-Online-Redaktion, nämlich, dass Inhalte-Lieferanten zu bestellen sind, die zuvörderst den webbasierten Zugriff erhöhen, ganz anscheinend um Werbekunden zu bedienen, auf die Spitze.

Wobei Kritik, wie hier vorgetragen, als Reactio die Actio wirtschaftlich bedient.
Dies nur ganz am Rande angemerkt.

MFG
Dr. W

[1]
Dies angemerkt natürlich nur im Vergleich zu anderen SpOn-Kolumnisten, bspw. der Güteklasse Augstein, Berg, Lobo & Stokowski - wobei dies auch wieder ein wenig ungerecht subsumiert ist, denn Berg und Lobo haben, ganz ähnlich wie Diez auch helle Momente.

"Irrenhaus" wäre hier womöglich eine angemessene metaphorische Substantivierung. - Klar, auch der Schreiber dieser Zeilen guckt dort mal rein, aber muss es reaktiv verwurstet werden, was dort stattfindet?

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Die sollten
nicht nur als die netten Schreiberlinge angesehen werden, die sind der Stand der herrschenden Meinung.

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