Montag, 5. August 2019
Framing-Vorteil der Sprachstanzen
Im journalistischen Getexte wird spätestens, wenn man nichts zu sagen hat, zu Metaphern gegriffen, man verwendet abgedroschene Phrasen, wie etwa abgedroschene Phrase selbst eine wäre, da wird gestärkt, da ist im Aufwind oder Rückenwind, Linien werden gezogen, Zeichen gesetzt, man kennt das alles. Häufig sind es Sprachbilder aus dem Militärischen, oft emotional besetzt. Begründen würden die Texter dies mit der Verständlichkeit, als Dienstleistung für die Leser. Meistens erleichtert es aber gar nicht das Lesen, nur das Schreiben. Die denken auch so.
Aber noch einen weiteren Vorteil bietet dieser Unstil dem Verfasser, den des unbemerkten Rahmensetzens und der Nichtwiderlegbarkeit. Man kann keine Metapher widerlegen, man kann nicht dem Aufwind widersprechen, man kann nicht der Stärkung des Randes eine Gegendarstellung entgegensetzen.
Weil gar nichts gesagt wird.
Und Nichtssagen ist, was man auch soll.

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Sonntag, 29. Juli 2018
Journalistische Fragen
Im Journalismus ist die Frage wichtiger als die Antwort. Hier macht es uns spiegel.de vor:

(1) Die Affäre um Mesut Özil steht in einer Tradition: "Dönermorde", AfD, "Der Islam gehört nicht zu Deutschland". Was macht das mit den Betroffenen?

Vielleicht, dass einer sich gerade zum Staatsbesuch angemeldet hat.

(2) Als Vizepräsidentin des Parlaments leitet Claudia Roth Plenarsitzungen, muss neutral sein, auch gegenüber der AfD. Dabei ist sie die liebste Hassfigur der Rechtspopulisten. Wie steht sie das durch?

Das Geld wird es nicht sein.

(3) In Andres' Heimatland Venezuela sind die Menschen überall laut, ob zu Hause oder in der Öffentlichkeit. Er fragt sich: Warum haben in Deutschland plötzlich alle ein Problem mit seiner Lautstärke?

Diese von der Unterseite bento aufgeworfene Frage beantwortet spiegel.de im Aufmacher: „Seit Monaten kreist die deutsche Politik um das Thema Zuwanderung. Dabei haben die meisten Bürger ganz andere Sorgen. Doch sie organisieren ihre Interessen schlechter als einflussreiche Minderheiten.“

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Donnerstag, 7. September 2017
Deutschlandfunky
Der Kurznachrichtendienst DLF gilt bei den Hörern als vertrauenswürdig und seriös, das bedeutet aber nichts weiter, als dass man sich im Konsens bewegt. Wenn in den Nachrichten von der Volksbefragung in Australien über die „Ehe für alle“ die Rede ist, ist das grüne Sprache. Ob das in Australien auch Ehe für alle genannt wird oder Homoehe oder wie auch immer, wäre mindestens dazuzusagen. Aber man verwendet die Formulierung aus der grünen Parteilinie. „Flüchtlinge“ sowieso, das ist Standard, und die Kanzlerin will den Störern „entgegentreten“, das ist Zitat, aber seinerseits eine Übernahme aus dem Kampf.
Dass Journalisten nicht einmal mehr wagen, mit einer anderen als der normierten Sprache zu arbeiten, und dass dies sogar die Nachrichten betrifft, wo eine nüchterne Sprache bisher noch als Wert galt, ist übler als der propagandistische Gehalt, der dann bald überflüssig wird.

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Samstag, 21. Februar 2015
Geschriebene Sprache
Heute ein Beispiel aus der Reihe „Schreiben wie sprechen“, aus tagesspiegel.de, dort vielleicht nur noch für kurze Zeit:

„Die Stipendiaten Stipendiaten der Deutschen Akademie in Rom stellen im Berliner Martin-Gropius-Bau ihre Arbeiten vor.“

Manche sagen auch: Müsste Stipendiatenstipendiaten nicht zusammengeschrieben werden?

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Sonntag, 23. Juni 2013
Tagesspiegel: „Streit mit Pistolenschüssen beendet“
Was sonst noch passierte: „Am frühen Samstagmorgen kam es zu einem Streit in einem Internetcafé in der Luxemburger Straße in Wedding, der mit zwei Pistolenschüssen endete. Ein 30-jähriger und ein 22-jähriger waren aneinander geraten, der 30-Jährige verließ daraufhin das Café und ging in die benachbarte Spielothek. Kurze Zeit später kehrte er aber vor das Internetcafé zurück, wo sein Kontrahent gemeinsam mit seinem Cousin, der schlichten wollte, stand. Er bedrohte die beiden verbal und zog schließlich die hinter seinem Rücken gehaltene Hand hervor, in der er eine Pistole hatte. Zweimal schoss er, der erste Schuss ging ins Leere, der zweite traf den Cousin in den Fuß.“
Das ist natürlich immer noch zu personenbezogen formuliert. Es müsste heißen: Es kam zu Schüssen, in den Vorfall ist eine Pistole verwickelt, zwei Männer sind betroffen.
Oder: Eine Pistole sorgte für Schlichtung des Konflikts aus sozialen Spannungen zwischen einem Pistolenbesitzer und einem Pistolenlosen.

Islam ist eben nicht nur Frieden, sondern auch Streitbeendigung.
Wieso Islam?
Sonst wäre in den Worten des Tagesspiegels der Streit nicht beendet worden durch den Einsatz der Pistole, sondern eskaliert.

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Sonntag, 21. April 2013
Blender, Trickser, Vorteilsnehmer
Im Tagesspiegel beklagt das Schreibel Helmut Schümann, der Name ist für die Pointe wichtig: „Nun also auch Uli Hoeneß. Uli Hoeneß, der sich einreiht in die Riege der Blender, Trickser und Vorteilsnehmer, die dieses Land mit all ihren Guttenbergs, Seehofers oder Buschkowkys so überreich hat.“

Die sind alle ein Schlag in das ehrliche Gesicht der Leistungsempfänger vom Amt, Guttenberg mit seinem Doktortitel, Seehofer, der Populist, der blendet und trickst und bestimmt auch Vorteile nimmt, wo er sie kriegen kann, Buschkowsky, Moment. Buschkowsky? Hat der Steuern hinterzogen? Davon weiß man nichts und kann es demzufolge nicht behaupten, aber das Schreibel mag ihn nicht, das reicht für die Einreihung, die eine grundgesetzlich geschützte Meinung ist. Buschkowsky hat ein Buch geschrieben und so getan, als würde es sich auf Fakten stützen, dabei hat er nur Mitarbeiter aus der Verwaltung dafür Daten liefern lassen. Er hat vorgetäuscht, Neukölln wäre überall, dabei sind das woanders völlig andere Einzelfälle. Und Vorteile wird er auch daraus gezogen haben.

Blender, Trickser Vorteilsnehmer, das könnte ein neues Sendeformat sein. Nachdem sich Nepper, Schlepper, Bauernfänger als integrationshemmend und generalverdächtigend erwiesen hat.

Man kann als Blender, Trickser, Vorteilsnehmer beliebige Reihen aufmachen von Leuten, die dieses Land überreich hat: Augstein, Bushido, Sonneborn. Bishin zu Goebbels, Rosenberg, Helmut Schümann.

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