Dienstag, 18. August 2015
Generationenkonflikt
Auch wer die Folgerung „und deswegen brauchen wir mehr“ nicht möchte, zieht die Bestandsaufnahme kaum in Zweifel, dass Europa vergreist und schwach und wehrlos ist. Wie es scheint, besteht Einigkeit in der Feststellung der Verschwulung, nur in ihrer Bewertung trennen sich die Beobachter.
Wenn man aber die Vergreisung als gegeben ansieht, kommt man kaum umhin zu sagen, dann hat es eh keinen Zweck und wir brauchen junge Flüchtlinge, die uns mit dem Rollstuhl schieben. Wenn darauf nicht alle Einwanderer Lust haben, brauchen wir eben noch mehr.
Zwingende Logik.
Und deshalb besonders nachfragebedürftig.
Es gab doch mal den Großfeuilletonisten, Debattenanreger Schirrmacher, der mit der Idee „Methusalemkomplott“ anregte, dass die Alten auch im Alter rege, fit und mittendrin bleiben, vereinfacht gesagt. Oder auch komplexer gesagt, egal, die Sache ist, beides kann nicht richtig sein. Auch wenn es immer mehr Pflegefälle gibt, gibt es immer mehr rüstige Senioren. Verkauft wird uns aber Überalterung.
Was, wenn das wieder nur ein Propagandatrick ist?
Nämlich der, den Jüngeren die Identifikationsfiguren zu nehmen. Ein Jugendlicher von heute wird nach ein paar Jahren nicht zu Bushido, sondern alt. So war es früher, man hatte die Alten vor sich und über sich und konnte es kaum erwarten, alles besser zu machen, aber eben ihre Stelle einzunehmen. Die Alten wurden von den Mittleren einigermaßen zivilisiert behandelt, damit die Jungen ein Motiv haben, im System zu bleiben.
Ein Systemwechsel wird fundiert durch einen Kampf gegen die ältere Generation. Sie darf keine Identifikation, kein Rollenvorbild mehr darstellen. Denn man braucht idealismusgetriebene Junge, die nicht wissen, wer sie sind.
Es kann gut sein und ist im Einzelfall zu überprüfen, dass, wer uns von unserer Vergreisung überzeugen will, nichts anderes vorhat, als uns zur Passivität zu verleiten.

... link (7 Kommentare)   ... comment