Dienstag, 5. November 2024
Kulturleistung
Im Kulturradio läuft ein Programmhinweis auf einen Podcast, Heinrich Heine war vor soundsoviel Jahren auf Harzreise und sinnierte unter anderem darüber, ob er in den katholischen Kulturbetrieb konvertieren müsse, und nun wandle ein heutiger Dichter auf seinen Spuren durch den Harz.

Ist erst einmal nicht schlimm.
Wird es aber. Der Heute-Dichter versetzt sich angeblich in Heine hinein und dichtet, was der echte Dichter sehen würde, und macht Knittelverse des Inhalts, dass Schrecken und Erstaunen aufkämen über die Wahlerfolge der Partei der Patrioten mit Ausgrenzung und Hass.

Wie respektlos und kulturlos muss man sein, um sich nicht selbst bei so was in die Arme zu fallen. Es muss eine kulturelle Hemmung geben, einen Künstler und sein Werk zu gegenwärtigen Zwecken zu benutzen, zu welchen auch immer. Man kann einen Dichter nicht gemein machen mit seinen eigenen Zwecken, auf keinen Fall mit politischen. Und schon gar nicht ihn regietheatermäßig zerstören.
Wenn man Heine als Gewährsmann ansieht, dann müsste reichen, seine echten Gedichte und anderen Texte vorzutragen. Funktioniert ja auch gut, wenn man ihn lässt.
Aber wenn man es politisch nötig hat, sich auf ihn zu berufen mit seinem eigenen Kram, mit dichterischem und politischem, dann zeigt man, dass man Heine misstraut.
Auch eine Kulturleistung.

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