Sonntag, 14. Mai 2017
Die Verdächtigerin
„Ich halte das Vorgehen für absurd und abwegig – als hätte Schmidt irgendetwas mit rechtsradikalen Tendenzen zu tun. Da würde ich eigentlich geistige Trennschärfe erwarten“, zitiert welt.de den SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs, Mitglied im Kuratorium der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung. „Ich kann nicht verstehen, wie man der gesamten Bundeswehr ein solches Misstrauensvotum aussprechen kann, anstatt sich vor die Truppe zu stellen. Es stehen alle unter Generalverdacht, nur die Ministerin nicht.“
Natürlich kann er es nicht verstehen.
Die Sache ist die: Jeden kann es treffen. Jeder soll Angst haben, was Falsches zu sagen.
Der Prozentsatz echter Hexen, die bei den Hexenprozessen aufgeklärt und gesäubert wurden, dürfte im Nullbereich liegen. Auch die Feinde des Sozialismus waren nicht deckungsgleich mit der Gruppe der Verhafteten, und die Gülen-Anhänger unter den aus dem türkischen Staatsdienst entfernten sind eher zufällig verteilt.
Bevor man unter Verdacht gerät, denunziert man selbst.
Aber auch das hat noch nie genützt.
Säuberungen sind Machtergreifungen, die Begründung ist nur umgekehrt. Der Kampf gegen die anderen, wie immer sie aktuell definiert sind, ist ein Instrument zur Festigung der Machtposition innerhalb des Milieus und scheinbar eine Stärkung des Milieus selbst, was aber trügerisch ist. Es ist eine Invariante der Geschichte der Ideologien, dass sich die Ideologie auch irgendwann gegen die richtet, an die sie sich zunächst gerichtet hat.
Jetzt ist es der SPD-Kanzler.

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