Donnerstag, 12. April 2018
Unterschied zum Stalinismus
Eine intellektuell unlautere Argumentationsweise ist „ad personam“, personenbezogen; etwa: das sagt einer, von dem wir keine Meinungen entgegennehmen.
Diese Art ist nicht nur mittlerweile journalistischer Standard, sie ist noch erweitert auf personengruppenbezogen: Der das sagt, ist irgendwie denen zuzurechnen, gegen die wir sein dürfen und müssen.
Diese Art der Meinungs-Nichtmache ist durchaus ein Herrschaftsinstrument, es zeigt den Beherrschten, dass sie zu den Ausgestoßenen gehören, sobald sie da zu nah herangehen oder in diese „Ecke gestellt“ werden könnten.

Das funktioniert bei Menschen mit Mangel an Selbstschätzung, und das sind wir nun mal leider alle, weil wir alle von Voraussetzungen leben, die zu schaffen wir nicht in der Lage wären. Wir schaffen es ja nicht einmal, unsere eigene Kultur zu bewahren, also sind wir schlecht und sollten nicht noch schlechter dastehen als der Durchschnitt. So funktioniert das.

Das war im Stalinismus anders; das bisschen, was die Arbeiterklasse hatte, hatte sie erarbeitet. Da musste man schon die gesamte Existenz bedrohen.

In der Spaßgesellschaft genügt die Angst, nicht mehr mitspielen zu dürfen.

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Mittwoch, 11. April 2018
ttt-Erklärung
Vielleicht ist nicht allen klar, warum ttt-Redaktion und Sender und Statementgeber so was machen, den Zuschauern zu sagen, was sie von der Erklärung für Rechtsstaatlichkeit zu halten haben.
Es ist keineswegs der Erziehungsauftrag. Es geht kaum bis gar nicht darum, das Publikum zu belehren, so ein Beitrag hätte auch gar keinen Lehrinhalt. Soweit das Publikum überhaupt bevormundet werden soll, soll es emotional eingestellt werden, das funktioniert in der Menge ja doch, vermittelt wird das Gefühl, dass hier irgendwas läuft, wo man lieber nicht zu nah herangeht.
Aber in der Hauptsache geht es darum, dass die Macher ihren Herrschern zeigen: Wir stehen zu euch, genauer: zu Euch, wir sind es wert, unseren Job zu behalten.
Erst danach ergeht die Drohung an die Gegner mit der Botschaft: und ihr nicht.

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Dienstag, 10. April 2018
Wahlkampfimpressionen
In unserer Hauptwohnsitzstadt sind Bürgermeisterwahlen, immerhin heißen sie noch nicht Bürgerinnenmeisterinnenwahlen, und da die Kandidaten und ihre Helfershelfer herumstehen müssen, können wir unsere Eindrücke mitteilen. Positiv zu konstatieren ist, es gibt kaum ideologischen Müll, sogar die Piratenbraut redet im Normalfall normal. Andererseits könnte man schon wieder negativ sagen, nicht einmal ideologisch wird kontrovers wahlgekämpft, nämlich gar nicht. Es gibt keine Probleme. Außer der Frage, ob der Bus durch die Tiefgarage fahren soll und ob das Kulturhaus zur Schwimmhalle umgebaut wird. Das sollen die Konzepte sein, für die man einen Oberbürgermeister wählen soll.
Sofern Differenzen und damit Angriffsmöglichkeiten auftauchen, werden sie von den Mitbewerbern jedenfalls nicht benutzt.
Eine Veranstaltung mit allen Kandidaten und Fragemöglichkeit zeigte: Alle wollen, wenn sie überhaupt wollen, sich ins Amt hineinmerkeln. Der Amtsinhaber möchte weitermerkeln. Das Merkeln wird ihm den Merkelbonus bringen, nicht dem CDU-Kandidaten.
Hätte einer gefragt, ob in der Runde überhaupt die Mehrheitsmeinung besteht, dass der Amtsinhaber abgewählt werden soll, hätte es vielleicht kontroverses Nachdenken gegeben. Er, übrigens, konnte oder wollte nicht einmal darstellen, wo er die Abgrenzung zum Amtsmissbrauch zieht.
Überflüssig zu erwähnen, dass die Runde von der lokalen Zeitung veranstaltet worden war. Lockeres Gruppenfoto am nächsten Tag.
Das war ein breites Bündnis gegen den Wähler.
Wenn das so läuft, brauchen wir nicht mehrere Parteien, da ist eine effizienter.

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Montag, 9. April 2018
Schlechte Meinungen
Wenigstens als Meinung rubriziert, der Aufmacherartikel von WeLT-online: „Nun droht die Orbánisierung Europas. Mit seiner Vision einer ‚illiberalen Demokratie‘ hat Viktor Orbán Ungarn unterworfen. Der Wahlsieg gibt ihm Rückenwind, das Projekt europaweit zu exportieren -- und er hat gelehrige Schüler.“
Meinung ist, wenn man nicht wegen Falschaussage drangekriegt werden können soll. Aber sogar das ist falsch. Es sind verschwurbelte Metaphern von scheinbar realen Vorgängen und Tatsachen. Und diese Darstellungen können nun mal falsch sein, falsch heißt im ehemals journalistischen Verständnis: korrigierbar.
Nur weil eine falsche Tatsache vorgespiegelt wird und mit Emotion angereichert, wird daraus noch keine Meinung.
Nicht einmal der Meinungsjournalismus ist noch nicht heruntergekommen.

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Sonntag, 8. April 2018
Normalpresse
Man kann durchaus das Gegenteil von Bemängeln machen, also äußern, dass nicht zu beanstanden ist, wie die Presse mit den Informationen umgegangen ist; vielleicht Anschlag, dann aber doch nicht, wahnsinniger Jens, Erschütterungsmeldung der Kanzlerin. Es sah nach Anschlag aus, und man gab sich keine Mühe, verdruckst herumzureden und die Hoffnung auszudrücken: bitte nicht Islam, bitte nicht Islam! Also geradezu normal.
Das setzt Maßstäbe. So wollen wir das auch beim nächsten Mal, wenn es wieder ein islamischer Terror ist. Melden, was man weiß, zeitnahe Kanzlerinbetroffenheit, Nennung der Nationalität, keine verständnisvolle Relativierung.
Alles andere wäre Saftpresse.

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Samstag, 7. April 2018
Weniger ist besser
Man kann auch aufhören, sich damit zu beschäftigen, wie die Medien emotional benachrichtigen, es hat überhaupt keinen Sinn. „Nahles tadelt Spahn und Seehofer“, so lauten die Aufmacher, und damit ist das, was Spahn und Seehofer taten oder sagten, nicht mehr das Thema, sondern das Aufstehen der Nahles gegen das Übel, das den Koalitionsfrieden bedrohe. Journalisten werden sagen, so funktioniert es nun mal, so ist die Aufmerksamkeit zu bedienen, aber in anderer politischer Richtung wäre „gekeilt“ und „geschürt“ worden, „gepöbelt“ natürlich auch, bis sich ein Gutling findet, dem „der Kragen platzt“.
Man glaubt schon jetzt nicht mehr, dass es einmal anders war. Es übersteigt mittlerweile die Vorstellungskraft, dass Presse einmal Abstand wahren wollte. Oder sich die Mühe machte, den Eindruck zu erwecken, den Abstand wahren zu wollen. Oder gar den An-.
Aber wer das als Journalist jetzt noch täte, würde bei der nächsten Schrumpfung nicht übernommen mangels Standpunktqualifikation.
Gesundschrumpfen wird es also nicht geben, nichtsdestoweniger ist weniger mehr, es muss weiter geschrumpft werden.

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Freitag, 6. April 2018
Die Sprache des Grünen Reiches: Arbeiterviertel
Gesundheitsminister Spahn hat es in der NZZ durchgestochen, die FAZ reagiert beschwichtigend, das Thema Rechtlos-Gegenden.
„Schauen Sie sich doch Arbeiterviertel in Essen, Duisburg oder Berlin an. Da entsteht der Eindruck, dass der Staat gar nicht mehr willens oder in der Lage sei, Recht durchzusetzen.“
Ja schon, Spahn war ausreichend clever, nicht zwei Themen zugleich umstritten zu machen. Da kann man ihm nichts, da ist er abgesichert, wenn es um die Durchsetzung von Recht geht.
Nur hängt es ja doch irgendwie zusammen, dass das so ist und dass die Gegenden am Austauschprogramm teilgenommen haben.
Arbeiterviertel – wenn es solche wären, würden sich jetzt die Gewerkschaften wegen Generalverdachts aufregen. Natürlich nur, wenn es Gewerkschaften wären.

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Donnerstag, 5. April 2018
Heute-Show vor achtzig Jahren
Ein Fernsehklassiker ist auf Youtube online, die erste heute-Show, damals noch schwarz-weiß, aber schon Fernsehen. Oliver Welke hat sich gut gehalten, muss man sagen, Publikum war nicht live im Studio damals, das wirkt sich auf das Timing der Gags aus, aber die Autoren haben schon alles gezeigt.
Man weiß nicht, wie lange die Sendung gedauert hat, hier ist eine Minute dokumentiert, ab 9:15.
MAZ ab.

https://www.youtube.com/watch?v=y48VcrUoVNg
 

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Mittwoch, 4. April 2018
Neuigkeit für die Presse
Ein Prinz, der das Existenzrecht Israels anerkennt, verblüfft unsere Feuilletonpresse. Fehlt nur, dass sie von einem Rechtsruck in der arabischen Welt schreibt.
Diese Verblüffung, das große Thematisieren, ist aber nur in Ausnahmefällen ein „na endlich“, sondern überwiegend distanziert. Und überhaupt nicht kommt vor, was der allgemeine Konsens ist, in Arabien und dem Feuilleton: dass man sich Israel wegphantasiert.

Jetzt muss man sich eben etwas anderes einfallen lassen, vielleicht klagt die Umwelthilfe gegen Dieselfahrzeuge in Israel.

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Dienstag, 3. April 2018
Geschlechtsspezifisches Anlegen
In der Sendung „Informationen am Morgen“ im Deutschlandfunk kommt eine Rubrik mit Wirtschaft und Börse, China verhängt Strafzölle, die Kurse in Amerika fallen, „die Anlegerinnen und Anleger sind in Sorge“.

Das würde uns aber noch weiter interessieren, die Anlegerinnen sind in Sorge, wie sieht das aus? Hysterisches Kreischen oder mittlerweile nüchternes Analysieren der Schuld bei den Männern? Und was heißt das für die Wirtschaft? Profitiert Deichmann? Sind Friseurtermine ausgebucht? Hat die Pharmaindustrie Angebote speziell für besorgte Anlegerinnen? Handelt der Staat und Schafft Yogakurse?

Das sind alles relevante Fragen, vielleicht gibt es auch noch andere, wenn man zwischen Anlegern und Anlegerinnen unterscheidet. Oder man geht davon aus, dass nicht mit dem Geschlecht angelegt wird, dann sind es Anleger.

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Montag, 2. April 2018
Prozessieren in Zeiten von #MeToo
N-TV.de schreibt, der geplatzte Prozess gegen Bill Cosby beginnt neu, und weil man irgendwas Neues braucht, ist die Neuigkeit: jetzt ist es „erstmals in Zeiten von #MeToo und damit 'in einer anderen Ära', wie eine Juristin sagt.“
Andere Ära? Weil jetzt getwittert wird, beim ersten Prozess aber nicht?
„'Wie wir Glaubhaftigkeit bewerten, könnte sich kulturell verändert haben. Wir realisieren jetzt, dass Frauen nicht grundsätzlich lügen, wenn sie über sexuelle Gewalt sprechen.' Wie genau sich die #MeToo-Debatte jedoch auf das Verhalten von Richter, Staatsanwalt, Angeklagtem, Jury und Klägerin auswirken wird, wird erst der Prozess zeigen.“ Na hoffentlich, und am besten gar nicht. Kampagnen dürfen gar keinen Einfluss auf die Rechtsprechung haben, außer wenn die Rechtsprechung politisch beeinflusst oder korrupt ist, dann muss die Kritik zur Korrektur führen. Aber dass den Frauen grundsätzlich die Lüge unterstellt worden sei, ist doch eine Neuigkeit. So war das? Wieso haben sie dann überhaupt Anzeigen erstattet?
Dann wäre allerdings die #-Ära, dass man von nun an erst recht den Frauen die Unwahrheitsvermutung angedeiehn lässt, sie aber den Prozess gewinnen lässt.

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Sonntag, 1. April 2018
Ostermessage
Die Denkfigur dessen, was der heutige Feiertag bedeutet, ist, neben anderem, dies: Die Gerechtigkeit kann eine andere sein als die von der Herrschaftsmacht ausgeübte Gewalt, der Mensch kann über Unrecht erhaben sein, der Mensch ist mehr wert.
Andersherum, möchte man ein Gleichnis finden, eine Geschichte, die diesen für wahr befundenen seelischen Zustand erzählt, kann man die letzte Rede von Sokrates nehmen oder Nelca, die Drachenfängerin, oder das Evangelium. Daher haben wir, was wir für normal und selbstverständlich gegeben halten, aber keineswegs ist: dass wir Rechtssubjekte sind – und übrigens auch, dass der Staat nicht die Gottesherrschaft sein kann.
Dies nur als Reminiszenz, was wir gerade im Begriffe sind abzuschaffen.

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Samstag, 31. März 2018
Marxistisierung
Heute ein interessanter Aspekt aus dem „Kalenderblatt“ des Deutschlandfunk.
„Die freie Presse ist das überall offene Auge des Volksgeistes, das verkörperte Vertrauen eines Volkes zu sich selbst. Sie ist die rücksichtslose Beichte eines Volkes vor sich selbst, und bekanntlich ist die Kraft des Bekenntnisses erlösend.“
Dieses Zitat stammt aus der Rheinischen Zeitung, um die es im Beitrag ging.
Verfasst hat es Karl Marx, von dem es weiter heißt: „Mit 24 Jahren trat er in die Redaktion ein. Der junge Marx, gerade promoviert, stand am Anfang seiner philosophischen und ökonomischen Arbeiten, war noch kein Kommunist.“
Der Kommunismus hat also sogar Marx geschrottet.
Man kann ihn sich wohl vorstellen wie einen 68er-Studenten, der die neue ökonomische Freiheit individuell leben möchte und sich gesellschaftlich engagiert, bevor er mit den Dummheiten des Marxismus kontaminiert wird und ideologisch einbetoniert wird.
Also: nicht nur Hände weg vom Kommunismus, auch das Hirn. Armlänge Abstand zu den Ideologen!


Außerhalb des Themas: Heute hat Schäuble verlautbaren lassen, sinngemäß: Den Islamismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.

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Freitag, 30. März 2018
Der ungute Hirte
Der neue Ostbeauftragte ist ein Rechtsruck; wo die Vorgängerin noch nach Rechts suchen ließ, heuchelt er Verständnisfähigkeit und fordert Verständnissimulation.
In der WeLT hirtelt er laut WeLT:
„'Auch heute noch ist der Osten des Landes deutlich homogener als der Westen', sagte Hirte der WELT.
Es sei 'menschlich verständlich, wenn man auf Fremdes aus Angst vor Veränderung zunächst mit Ablehnung reagiert'.“
Das soll nach Verstehen klingen, lügt aber schon in den Prämissen. Die Homogenität der Bevölkerung sei das, was der Fall sei und mal nicht als Problem, aber als Ursache anzusehen sei.
Schon das stimmt nicht und geht darüber hinweg, dass vielleicht Personen sich eine Meinung bilden. Und wenn sie es tun, haben sie nicht den Überblick. Die sind noch nicht so weit.
Dass Angst vor Veränderung der Grund für Ablehnung von Fremden wäre, das hätte er gern. Es könnte gerade das sein, was man kennengelernt hat, was die Ablehnung bewirkt. Er muss es aber als Dummheit hinstellen.
Wäre die Angst vor Veränderung und Zusammenbruch so groß gewesen, hätte man die DDR behalten.
Und der wie üblich gemachte propagandataktische Trick ist, die Herrschaft aus dem Problem herauszurechnen. Diese Art der Bevormundung, auch freundschaftlich formuliert, ist es, was weit mehr Unmut bewirkt – aber so leitet der Ostbeauftragte den Unmut von den Herrschenden ab.
Dafür darf es kein Verständnis geben.

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