Donnerstag, 19. Oktober 2017
Merkel-Rhetorik
Die Kanzlerin wird von Sprachästheten oft gescholten ob ihrer Gewalt, die sie der deutschen Sprache antut, und das völlig zu Recht.
Was aber als Unfähigkeit erscheint, ist Masche, rhetorisches Geschick und Anpassung.
Als Oppositionspolitikerin könnte sie so nicht reden, ohne klare Aussage, verwaschen und verschwurbelt. Sozusagen verschulzt. Aber als Regierende, als Oberchefin, macht sie sich damit gerade unangreifbar; sie kann sich nicht an ihren Worten messen lassen. Man müsste andere Maßgaben entwerfen, an denen sie gemessen werden müsste, aber man würde bereits zuvor zerredet.
Sie ist die Identifikationsfigur der Unkonkreten, die Jugend fühlt sich von ihr jedenfalls nicht bevormundet, sie spricht kein Machtwort, sie sagt nicht, wo es langgeht.
Das passt in die Informationsgesellschaft. Die schlechten Nachrichten kommen nicht aus dem Kanzleramt. Negative Emotionen richten sich gegen die Realität oder gegen solche, die aus der Realität schlechte Nachrichten schinden wollen.
Merkel ist auch in ihrer Rhetorik eine von uns.

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Mittwoch, 18. Oktober 2017
Ziviler Widerstand dagegen
Das meint die ZEIT-Kolumnistin:
„Wer rechtsextrem ist, hat beste Chancen, in Deutschland gehört zu werden. Nach der Buchmesse stellt sich wieder die Frage, wie ziviler Widerstand dagegen aussehen soll.“
Dieses Deutschland auch, das gibt Rechtsextremen oder Rechtsextremisten beste Chancen, gehört zu werden.
Die Fragen, die sich stellen, sind aber andere. Wer bestimmt darüber, was rechts und rechtsextrem sei, und warum soll das bestimmt werden? Wer sagt, dass es Widerstand gegen Gehörtwerden geben soll?
Ist der Aufruf zum zivilen Widerstand nichts anderes als eine Allmachtspahntasie und eine Machtanmaßung sich selbst als links bezeichnender Hohlköpfe?
Ist alles, was nicht in die Sprachnormen linkshohler Nichtskönner passt, schon rechts / deshalb rechts / nur dann rechts?

Wir haben ein Prüfinstrument intellektueller Unredlichkeit, es ist die Verallgemeinerung in eine abstrakte, emotional negativ konnotierte Kategorie.
Das heißt, der Vorwurf, „Das ist Sexismus“ ist etwas anderes als „Das ist Betrug“. Bei letzterem muss subsumiert und geurteilt werden, ersteres ist selbsterfüllende Verdächtigung. In ersterer Art geht die aktuell dominierte Debatte vonstatten.
Sie setzt degenerierten Intellekt voraus, und sie reproduziert ihn.
Sie benötigt für ihren Fortbestand zwangsläufig Gewaltmittel, da sie intellektuell nicht zu gewinnen ist; sie hat ja nur linkshohle abstrakte Phrasenkategorien.
Aus einem Rest an Bedürfnis nach Legitimation sucht man nach positiv besetzen Beschreibungen. Ziviler Widerstand dagegen.

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Dienstag, 17. Oktober 2017
Fehlprägung
Wenn jemand wie zum Beispiel Bosbach von der christlichen Prägung des Landes spricht, zeigt sich darin nur die geprägte Sprache, die es kaum mehr zulässt, einen abweichenden Gedanken zu denken, gar zu formulieren.
Die Prägung ist als Argument völlig untauglich. Zumal wir die christliche Prägung gerade beseitigen. Was ließe sich noch mit ihr begründen? Die islamische Umprägung vielleicht.
Aufklärung, Freiheit und Würde der Person resultieren aus dem Christentum, obschon sie nicht gerade von der Kirche aktiv forciert wurden, aber das sind eben gerade keine Prägungen.
Der Islam steht nicht der christlichen Prägung entgegen, sondern der Aufklärung, Freiheit und Würde der Person. Das wäre die Argumentation. Aber das ist nun das, womit unsere Herrschenden kein Problem haben.

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Montag, 16. Oktober 2017
Erlebnisorientierte Negativnazis
Auf politischer Ebene, nicht neu, brauchen die, die sich als Antifaschisten verstehen, die Faschisten und generieren sie zu diesem Zweck auch gern selbst.
Die soziale Ebene ist der Herdendruck, das überlebenswichtige Bestreben dazuzugehören. Eine eigene Meinung ist nur zulässig, wenn sie der herrschenden entspricht.
Der psychologischen Ebene wird dahinter zu wenig Beachtung gewidmet. Die Selbstbestätigung findet sich nicht nur im Mut der Herde, sondern in der Aktivität als solcher.
Antifaschisten waren noch nie so gut gelaunt wie solche von der Buchmesse, das können sie auch nur sein, wenn sie es nicht mit Nazis zu tun haben. Darum ginge es aber nicht, sondern um die Selbstvergewisserung, antifaschistisch zu sein.
Das Gutmenscheln allein befriedigt demnach nicht, es schafft nur noch mehr Leere. Für Flüchtlinge zu sein und antirassistisch zu sein, ist eben gar nichts, das ist ein Sein-Surrogat. Die Gruppe bietet nichts als das Nicht-Ausgestoßen-Sein, ein Nicht-Unsein, ein Nullsein.
Die hohle Persönlichkeit muss gefüllt werden.
Das Feindbild nur zu haben, genügt nicht, und so, wie auf politischer Ebene das Feindbild ständig verstärkt werden muss, um die eigene Rechtfertigung am Laufen zu halten, verlangt der emotionale Mangel nach einem positiven Erlebnis. Natürlich in Deckung mit den politischen und sozialen Vorgaben.
Ja, das ist faschistoid.

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Sonntag, 15. Oktober 2017
Kontrollverlustgewinn
Das schreibt Martenstein im Tagesspiegel: „Ein Staat, der seine Gesetze bei den Braven penibel anwendet, sich von den weniger Braven aber jederzeit austricksen lässt, verliert seine Glaubwürdigkeit.“
Die Leserkommentare sind sehr gemischt, manche freuen sich über Glasnost, andere sind berlinisch tagesspiegelmäßig.

Allerdings sind an der Martensteinthese zwei Prämissen falsch. Erstens kommt sie dreißig Jahre zu spät, das Verlieren der Glaubwürdigkeit ist nicht momentan oder bald, sondern hat längst stattgefunden – und zweitens kann die Annahme, der Staat wolle das so nicht, ins Reich der Wünsche verwiesen werden.
Der Staat will das so, man schaue sich nur mal an, wer die staatlich Handelnden sind.
Die braven Bürger sind es nicht, für die der Staat arbeitet. Die braven Bürger sollen nicht vertrauen, sie sollen Angst haben, sich fügen, mitmachen oder ruhig sein.
Martenstein könnte sich genausogut direkt an die herrschenden Clans wenden und um verfahrensrechtliche Standards bitten.

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Samstag, 14. Oktober 2017
Messeattacke
Womit weder Buchmessemanagement noch Buchmesseaktivisten ein Problem haben, ist zum Beispiel der Stand, wo ein Buch im Kinderbuch-Stil steht mit dem Titel „Alle Kinder sind Moslems“.

Das ist ja auch das Netteste, was im bunten Deutschland über Kinder gesagt werden kann; die sind deshalb schutzwürdig, denen darf man nichts tun, alle Kinder sind die besten.
Das ist der friedliche Islam.

Wenn man als ehemaliges Kind vorbeikommt oder wenn das Kind groß wird und nicht Moslem ist, also in dem Verständnis nicht mehr, ist man vom Glauben abgefallen.
Wenn die dafür vorgesehene Bestrafung vollzogen wird, ist das der schlimme Islamismus, der mit dem Islam nichts zu tun hat.

Wenn man das nicht will, ist das die noch schlimmere Islamophobie, die alle Muslime unter Generalverdacht stellt und nur noch mehr Öl ins Feuer gießt.

Aber es sind ja alle dafür.

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Freitag, 13. Oktober 2017
Gutmesse
Es kann ja sein, dass man Meinungen für indiskutabel hält und Verlage, bei denen sie vorkommen, für literarisch nachrangig, auch dass man sich Konkurrenz wegwünscht, gehört zu menschlichen und geschäftlichen Grundzügen, aber alles, was über Wegwünschen und Nichtbefassen hinausgeht, untergräbt die eigene Legitimation. Was hätte man davon, wenn man die eigene Botschaft als alternativlos manifestiert hätte? Gewiss, die Gespenster gehen einem nicht aus, man wäre aber nicht mehr nur Mainstream, sondern alles und nichts. Schon seltsam, dass das für erstrebenswert gehalten wird. Es spricht für einen Mangel an Selbstschätzung, und das passt nun wieder.

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Donnerstag, 12. Oktober 2017
Macronie
Sigmar Gabriel hat gefordert, wir sollen „mehr Macron wagen“. Hier geht es jetzt nicht darum, was das heißt – es heißt Geldunion – sondern um das, was Sigmar Gabriel wagt. Irgendwas wagen ist seit Willy Brandt sozialdemokratisch, damals war es mehr Demokratie. Brauchen wir jetzt nicht mehr. Macron ist der neue Lieblingspräsident, weil er die Geldforderungen europäisch verkleidet. Er hat die Wahl gegen LePen gewonnen, das gefällt Sigmar Gabriel, und er hat schon im ersten Wahlgang die Kandidaten der Frankreich-SPD und Frankreich-CDU überflügelt, auch das gefällt Sigmar Gabriel, denn Gewinner gefallen den Sozialdemokraten, wenn sie sich europäisch geben.

Und das ist auch schon alles, Macron ist die Wunschvorstellung Sigmar Gabriels. Er hat Schulz gewagt.

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Mittwoch, 11. Oktober 2017
Balkanunion
Von der EU muss man nicht gleich erwarten, dass sie die Katalonien-Unabhängigkeit unterstützt, aber in einer wünschenswerten europäischen Union, wie sie sich selbst ausgibt, wäre so was zumindest kein größeres Problem als ein verwaltungstechnisches. Der Nationalstaat wäre ohnehin nah an der Überflüssigkeit, und wenn eine Region aus diesem Konstrukt heraus sich separiert, bleibt sie doch Teil der großen europäischen Familie, so müsste es doch sein, die Union regelt das Verhältnis der Mitgliedsstaaten beziehungsweise regeln die Mitgliedsstaaten ihr Verhältnis über die Union, so verläuft alles zivilisiert und friedlich, und man muss nicht an den alten starren Strukturen festhalten, wenn die Leute etwas anderes wollen. So wäre die europäische Vision doch vertretbar.
Daran sieht man nur, wie weit die EU von ihrem eigenen Ideal entfernt ist; sie ist ein Großjugoslawien, das entweder totalitär besteht oder nicht. Sie wird zum großen Balkan.

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Dienstag, 10. Oktober 2017
Bunkermentalität
Man kann unsere Jamaikakoalitionäre nicht mit Hitler vergleichen, aber man muss sich klarmachen, dass für sie ein katastrophales Szenario keineswegs eine Horrorvorstellung wäre, sondern ein eleganter Weg zum Machterhalt. Hätten wir syrische Zustände, wäre das für ihre Regierung besser als eine Situation, die eine sachliche Politik erfordert – eben weil sich die Leute nach Ruhe und Sicherheit sehen und seltsamerweise Merkel damit identifizieren. Der Wunsch ist dann am stärksten, wenn die Lage am schlimmsten ist.
Noch ist sie nicht schlimm genug.

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Montag, 9. Oktober 2017
Entobergrenzung
Angenommen, wir hätten ein wachsendes Problem mit nichtimmatrikulierten Medizinstudenten, die am Medizinstudium teilnehmen und Arzt werden, obwohl sie gar nicht hätten studieren dürfen und vielleicht gar kein Abitur haben – löst man dieses Problem, oder befasst sich auch nur damit, indem man den Numerus Clausus festschreibt? Das wäre die CSU-Methode.
Grüne Methode wäre, alle dürfen Arzt werden.
FDP-Methode: NC wird flexibilisiert und den Bedürfnissen der Krankenhäuser angepasst.
Merkelmethode ist, kein Problem zu sehen und schon gar nicht zu debattieren.

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Sonntag, 8. Oktober 2017
Debattenableitung
Das Gerede über Rechts und Rechtsruck und rechte Flanken ist nichts weiter als die Fortsetzung der bisherigen Täuschungsmanöver.
Wenn eine Regierung das Parlament übergeht, ist das dann links oder rechts?
Zu Bismarcks Zeiten hätte man darin den Ausdruck rechten Positionierens gesehen, weil das Parlament der Repräsentant des Volkes ist. Ein Übergehen des Bundestages ist also zugleich ein Übergehen des Volkes. Nur die Parlamentarier haben damit kein Problem, die waren dafür, um nicht rechts zu sein, und freuten sich darauf. Wessen Mandatsträger sind die also eigentlich?
Entsprechendes, wenn der rechtsstaatlich verfasste Staat seine eigene Erosion betreibt; die demokratische freiheitliche Gesellschaft kann nicht fortbestehen, ist das dann links oder rechts?
Und dann kommen Pappkulissen mit Leitkultur und Heimat, weil man gehört hat, die Leute wollen das, und das soll jetzt konservativ sein, weil das an früher erinnert?

Die Debatte, wenn es eine ist, ist fehlgeleitet. Der richtige Rat wäre: Guckt euch das Links an!

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Samstag, 7. Oktober 2017
Dekadenter Adel
Im Wochenendjournal des DLF gab es eine Dreiviertelstunde Szenisches von den Hausbesetzern, die Sendung hieß wohl auch so wie der extremistische Slogan, die Häuser denen, die drin wohnen. Es war PR für die Szene, gemütliche Anwohner, die gelegentlich von der Polizei behelligt werden, die nie Autos aus der Nachbarschaft anzünden würden und sich jetzt die Steine, die manchmal fliegen, weil es Reibereien zwischen Bewohnern und Polizisten gibt, von weiter hinten holen müssen, da die Straße geteert wurde.

Das Genre der Reportage war Hofberichterstattung. Die Besetzer bezahlen vermutlich nicht durchgehend GEZ, aber für den DLF ist es wichtiger, dass man sie dem Lager zurechnet, das gegen die steht, welche die GEZ abschaffen würden.

Dieses Szenevolk, parasitär und heruntergekommen, nichtsnutzig und selbstgerecht, lässt sich am besten mit der Klasse des dekadenten Adels vergleichen. Diese Leute gehören zum Hof, zu den unteren Bereichen, sie scheren sich nicht um das Recht, das für andere gilt, sie sind kraft Zugehörigkeit im Recht.

Der Hof ist mental heruntergekommen, aber immer noch Ausbeuterklasse.
Wer wäre das nicht gern. Das ist menschlich nachvollziehbar. Niedriger stehen nur diese Journalisten.

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Freitag, 6. Oktober 2017
"Interessant" im Journalismus
Da wird auf 3sat die Schriftstellerin Monika Maron per Zuschaltung befragt wegen Wahlergebnis und Ost-West-Spaltung, sie deutet höflich an, dass sie diese Ost-West-Frage für falsch hält und für ein westfeuilletonistisches Denkschema. Was sie von den nächsten vier Jahren Merkel erwarte, fragt die Moderatorin. Das werden keine vier Jahre, sagt Monika Maron. Die Moderatorin fragt verblüfft nach, was, Sie erwarten, dass es keine vier Jahre Merkel-Regierung gibt? Ja, bestätigt Monika Maron.
Interessant, sagt die Moderatorin.
Und bedankt sich für das Gespräch.

Ältere Mediennutzer werden sich noch an Zeiten erinnern, als „interessant“ im Journalismus ein Auslöser war nachzufragen. Ach, erzählen Sie! Verraten Sie uns mehr! Echt jetzt?
Aber jetzt fällt „interessant“ unter krude Thesen, zu verrückt, um darauf einzugehen, wenn man nicht vorbereitet ist. Gibt es vielleicht Ärger, weil eine selbsternannte Schriftstellerin, die noch nicht in der bunten Ordnung angekommen ist, ein Forum bekommt und Merkel-muss-weg-Schreiern den Boden bereitet?
Auf so was werden Journalisten unzulänglich gewappnet. Zum Glück können sie das Gespräch beenden, weil die vorgesehene Zeit verstrichen ist.

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