Freitag, 27. Dezember 2019
Parteinacht
Ralf Stegners Plan zur Wiedervereinigung ist nur logisch und konsequent, denn eine Haltung oder Ideologie, Politik im weitesten Sinne, die auf Zehren an der Substanz beruht, macht es irgendwann nötig, sich nach einer neuen Substanz umzusehen.

Das schönste Gesicht der gemäßigten Sozialdemokratie, Wolfgang Thierse, war heute wieder im deutschlandweiten Radio dran und äußerte die Hoffnung, die neue Parteiführung werde sich nicht zur „Marionette von Kevin Kühnert“ machen – was, das kann sein? Marionette, ist dass nicht Redehass? – und analysierte, die SPD habe ihre Erfolge nicht gebührend gefeiert, somit hätten die Wähler „keinen Grund, die SPD zu unterstützen“.
Dass es keinen Grund gibt, mag zutreffen, aber genau diese Haltung ist so ein Negativgrund; die Wähler sind nicht dazu da, eine Partei zu unterstützen. Schon gar nicht mit der Wahlstimme. Ein Politiker, der so arrogant auf die Wähler schaut und das Verhältnis von „den Menschen“ zur Partei so auffasst, hat kein demokratisches Mandat verdient.

Wenn die SPD treue Unterstützer will, soll sie sich vereinigen, aber mit Schalke.

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Donnerstag, 26. Dezember 2019
Sinnvolles Limit
Der Nachrichtengehalt der Nachricht, dass Ralf Stegner ein Tempolimit fordert, ist Ralf Stegner. Das ist es, was schiefläuft in diesem Land, außer Ralf Stegner, dass die Presse, die Journalisten, so eine Forderung für eine Nachricht halten. Es wird also belohnt, eine solche zu erheben. Und Belohnung hat Ralf Stegner nun wirklich nötig, auch in Form der Präsenz wegen einer unpopulären Forderung, Hauptsache sein Name wird nach Gehör geschrieben.
Eine funktionierende Debattenkultur bestünde darin, die Wirksamkeit eines Tempolimits unabhängig von der Forderung und der fordernden Person zu untersuchen. Aber das haben wir nicht, wir haben keine solchen Foren und Strukturen. Darum kann der Bundespräsident fordern, sich einzumischen, es ist völlig belanglos.
Wir brauchen ein Stegnerlimit.

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Mittwoch, 25. Dezember 2019
Braucht die Luft uns zum Atmen?
Wenn der Mann sagt, „Wir brauchen die Demokratie, aber noch mehr braucht die Demokratie uns“, in einer ersten Radiomeldung lautete die Variante „Die Menschen brauchen die Demokratie, aber mehr noch braucht die Demokratie die Menschen“, dann klingt das nach hohlem Gequatsche, legt aber das Verständnis des Mannes von Demokratie offen: das ist, wenn wir regieren.
Die Demokratie braucht nicht uns noch die Menschen, dazu sind wir nicht da, damit werden wir und die Menschen zum Diener der Demokratie degradiert, was einer Demokratie unwürdig wäre, außer man versteht sie so, dass die Wähler richtig wählen sollen und sich da unten engagieren und mitmachen. Und so versteht der Mann die Menschen, als Mitmacher.
Demokratie wäre, wenn es einen unblutigen Wechsel der Mandatsträger geben kann, also wenn Abwahlen möglich sind, und wenn es eine Reihe von Institutionen gibt, die der Kontrolle der Macht dienen. Man darf sicher sein, dies hat der oberste Apparatschik nicht gemeint.

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Dienstag, 24. Dezember 2019
Kinder der Zeit
Es lässt sich sich schön aufregen über den Twitterpost, die Großeltern seien doch bald weg, von der Freitagszukunft. Menschenverachtend, sogar was alte Weiße angeht.

Es ist nun aber das, was so vieles sonst nicht mehr ist: zeitgemäß. Einmal, weil es sich zeigt, worum es geht, um die Erlangung der Ressourcen. Und dann, weil es genau das ist, wozu wir achtundsechzigermäßig erzogen wurden und erzogen haben. Weg mit allen Autoritäten, sofern sie die alten sind, und jetzt sind wir die Alten.

An diesem Punkt müssen wir sagen, wir sind es, die dafür verantwortlich sind, wie die wurden. Wir haben sie verwahrlost. Wir haben so gelebt, als gäbe es keine Voraussetzungen für unsere Freiheit und unseren Wohlstand und als müssten wir nicht sichern, was wir gewonnen haben.

Die nächste Generation macht nur da weiter, wo wir nicht mal aufgehört haben.

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Montag, 23. Dezember 2019
Grüne Weihnacht
Immerhin übernimmt die Presse nicht sofort die Habeck-Thesen und tut so, als thematisiere sie, ob das vielleicht eine PR-Aktion zu Weihnachten sei.
Die Presse sollte das allerdings mit denen besprechen, an die die Forderungen gerichtet sind, da könnte man bei den eigenen Lesern anfangen. Das Bild aber, das Habeck und Konsorten vermitteln, ist ja: wir holen die Kinder und dann ist es gut. Wir – die tun gar nichts, es geht zu Lasten von anderen. Die anderen können durchaus gewillt sein, die Lasten zu tragen, eine einfache Mehrheit würde genügen, aber auf die käme es an und nicht darauf, wie man mit denen fertigwird, die Einwände haben.
Auch Ramelow sagt, wir haben Flüchtlingsplätze frei, die müssen gefüllt werden. Das sind die Vorstellungen, die in der Politik eigentlich nichts zu suchen hätten – „es gibt einen Zustand, der sich bewirtschaften lässt“. An der Erhaltung dieses komfortablen Zustands wird aber nicht gewirkt.
Und schon gar nicht sind die Bedingungen so wie behauptet, denn dazu würde ein funktionierendes Schulsystem gehören mit einer Bildung zu freien mündigen Bürgern. Die Schule ist aber dysfunktional. Zuwanderung in ein grünsozialistisches Bildungssystem nützt vielleicht den Grünen, aber nicht denen, die es bezahlen.
Wir müssten zuerst die Grünen loswerden, dann können wir uns über die Aufnahme von Neukindern Gedanken machen.

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Sonntag, 22. Dezember 2019
Breitscheidplatztheorie
Verschwörungstheorie wäre, ohne Anhaltspunkte anzunehmen, das wäre so geplant gewesen, aber darauf kommt es gar nicht an, wenn sich erwarten lässt, dass von nun an „Breitscheidplatz-Weihnachtsmarkt“ für einen Anschlag und eine Entwarnung steht. Also nur noch die halbe Bedeutung „Terror“ hat, zur anderen Hälfte, die durch Verdopplung der Bedeutung entsteht, nun eben Fehlalarm.
Zur Verschwörung gehört gar nicht ein solcher Plan, „lösen wir einen Fehlalarm aus, damit es auch eine positive Besetzung gibt“, es reicht allein schon die stattfindende Neutralisierung, und die wird vorgenommen, beabsichtigt, ähnlichgeschaltet, gerahmt. Jedenfalls ist dies zu erwarten, wäre schön, wenn es nicht so geschähe.

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Samstag, 21. Dezember 2019
Bubirassel
Man hat sich vielleicht noch nicht an das neue Aussehen der gefährlichen Typen gewöhnt, die sehen nämlich harmlos aus und wären es unter normalen Umständen auch. Das Jüngelchen, das den Dresdener Busfahrer enttarnt hat, das wäre nicht mal FDJ-Sekretär geworden oder hätte eine ziemlich harte Weiterbildung zum Jungscharführer durchlaufen müssen. Denunzieren war schon immer einfacher, aber wir haben noch das Bild von einem verschlagen dreinblickenden Denunzianten gespeichert, ein Klischee natürlich und auch noch eins mit Anklängen an Stürmer-Karikaturen, ja doch. Aber dieses gute Gewissen der schlechten Tat, das ist schon Enthemmung der nächsten Generation. Er hat nicht zu fürchten, als Denunziant zu gelten, das Problem hat allein der Denunzierte.
Demnächst trifft es alle Fahrgäste, die eingestiegen sind, ohne was zu sagen? Nein, denn das kommt so ja auch nicht mehr vor.

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Freitag, 20. Dezember 2019
Forensisches Fernsehen
Demnach entscheiden das gar nicht die Redaktionen, ob sie den schlimmen Flügelmann zur Redesendung einladen, sondern der Intendant entscheidet, dass es aus Gründen der Neutralitätswahrung nicht getan wird.
Damit wird nicht nur die parteipolitische Färbung offenkundig, die ahnte man schon. Der Intendant zeigte damit das Selbstverständnis des Gesendes; eigentlich müsste man, wenn man sich selbst sicher wäre, den immer einladen, so oft es geht, damit alle sehen, was für einer der ist. Aber man hat nur die Steuerung über Präsenz. Anwesenheit auf demBildschirm ist eine Belohnung. Darf man dem ein Forum geben? Wenn es ein Forum wäre, das demokratische Forum, wäre das der richtige Platz. Wenn man es geben will, ist es was anderes.
Man kann gar nicht mehr zeigen, was man journalistisch drauf hat, weil man es nicht hat. Hätte man und würde man, sähen die Zuschauer, was doch ginge und bei wem es nicht geht.
Aber die Zuschauer als entmündigt anzusehen, ist schon ganz richtig gedacht, man selbst hat sie entmündigt.

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Donnerstag, 19. Dezember 2019
Abgewendet
Gestern im lokalen Paradiescafé eine Wendegedenkrederunde mit dreien auf dem Podium, darunter Wolfgang Thierse.
Vor dreißig Jahren hätte man das Volk in die Debatte eingebunden, jetzt brauchen die alleine schon die ganze Zeit. Hinterher konnte man sie ansprechen, einzeln, nicht vor Publikum.
Was die von der Wendezeit sagten, deckt sich mit unseren Erinnerungen und Bewertungen, aber die Bezüge zu heute entgehen denen. Die Leute wollten nicht noch mal mit einem sozialistischen Experiment beglückt werden, sagt Thierse. Stimmt, aber warum sollen sie es jetzt?
Die demokratischen Unzulänglichkeiten sieht Theirse ausnahmslos beim Volk. Und natürlich bei den politischen Gegnern, die das Volk instrumentalisieren wollen. Dass ein Minister oder Mandatsträger, der staatlich gegen den politischen Gegner vorgeht oder den Leuten das Recht zu demonstrieren abspricht, näher an den schlimmen Faschisten ist ans die Bürger, die ihr Recht wahrnehmen – da müsste einer, der eben noch betont langsam mit demokratischem Betroffenheitston geredet hat, doch aufmerken und sagen: das ist ja schrecklich, kommt das vor? – aber nein, das empfindet er als Beleidigung und vergisst, dass er eben noch für das Dialogisieren auf Nasenhöhe war.
Demokratie ist, wenn die Bürger den tollen legitimierten Demokraten Gefolgschaft leisten, das wurde so nicht formuliert, aber gemeint.

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Mittwoch, 18. Dezember 2019
Wende und zurück
Wäre die friedliche Revolution vor dreißig Jahren nur eine überwiegend friedliche gewesen, wäre sie eine nicht friedliche. Und sie wäre anders verlaufen, soll heißen ohne Erfolg,denn die staatliche Gewalt hätte sich als legitime Gegenwehr ausgeben können.

Aber die Lehren, die daraus gezogen wurden, sind etwas andere als die, die offiziell aufgezählt wurden. Das linke herrschende Milieu hat vorgemacht gekriegt, wie weit es gehen kann, ohne dass es ernstliche Konsequenzen zu befürchten hat. Es kam eben nicht so, wie die dachten, wie es wäre, wenn es andersherum kommt, nämlich so, wie sie selbst es machen würden, nur eben andersherum. Nein, so passiert es nur, wenn eine Diktatur von einer anderen abgelöst wird. Wird sie von einer freien Gesellschaft abgelöst, ist das Interesse an Aufarbeitung gering. Ein paar untere Mauerschützen werden zur Verantwortung gezogen, aber kaum die Schießbefehlsgeber. Einigen wird vorgeworfen, das System gestützt zu haben, aber die, die das System beherrschten, kommen davon.

Das sind die Lehren, die man auf linker Seite gezogen hat.

Man hat nichts zu befürchten.

Es passiert nichts.

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Dienstag, 17. Dezember 2019
Problembewusstsein
Seehofer will energischer nach Rechtsextremen in Behörden suchen.
Die Energie wird er brauchen.
Wir sind stolz, dass niemand fragt, auf Kosten wovon das gehen soll. Was wird stattdessen nicht gemacht oder später oder weniger?
Die Zeitungen sind dafür, denn das Problem kennt man aus der Zeitung. Die Probleme, die die Leute nicht aus der Zeitung haben und die in den Zeitungen nicht vorkommen, werden gerade dadurch mehr.
Vielleicht sind sie ja schon so groß, dass man keine Mittel mehr hat, um dagegen vorzugehen.

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Montag, 16. Dezember 2019
Asymmetrische Demobilisierung
Das ist, wovon es heißt, es wäre Merkels Erfolgsrezept gewesen. Man mobilisiere nicht und polarisiere nicht und nehme damit dem Gegner die Metaphern. Entatomisierung, und schon haben die Grünen ihr Thema verloren, mit dem sie mobilisieren können, man behält aber mehr Wähler als die anderen.
Wenn das der Plan war, dann hat er sich als falsch erwiesen, und zwar doppelt.
Einmal als schädlich für die tolle politische Kultur. Demobilisierung ist nun gerade nicht, was die Demokratie ausmachen sollte. Das ist eine Versagerstrategie. Man hätte den Grünen etwas entgegensetzen müssen. Aber mit der Mentalität hätte man auch Merkel was entgegenzusetzen, die Kanzlerin hält sich durch den Nebelschleier an der Macht und durch ihre demobilisierten Höflinge.
Zum anderen: es funktioniert so gar nicht. Oder eben nur ein Mal.
Die Gesinnungsethik hat keine Begrenzung. Es wird eben nur noch extremer. Darum gibt es keinen linken Rand, nach linksextrem ist es offen. Hat man keine Atome mehr, geht es gegen Kohlenstoff und dann gegen Elektronen.
Die Gesinnung, für die bezahlt wird, mobilisiert immer.
Man ist nur halbseitig gelähmt und kann nicht mehr dagegen angehen.

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Sonntag, 15. Dezember 2019
Neue FDJ
Die hiesige Studentenzeitung, vor dreißig Jahren gegründet, ist immer noch ein Kontrast zur FDJ, denn so was hätte nicht einmal die FDJ oder die Uni-Zeitung „Sozialistische Universität“ gebracht, eine Recherche, Meinung ist es ja nicht, dass ein Film aus der Hitlerzeit jedes Jahr an Unis vorgeführt wird und sogar im Fernsehen zur besten Sendezeit läuft. Der SDS, wer immer das ist, habe mal was dagegen vorgebracht, weil die Völkerwanderung der Goten Gebietsansprüche im Osten begründen täte, aber „soll jeder selbst entscheiden, ob er den Film guckt“, so was sind blanke diktatorische Lockerungsübungen.
Das ist die degenerierte akademische Dummheit. Man könnte einen besseren Film drehen, oder wenn die Neuverfilung in Farbe aus den Siebzigern mit Walter Giller besser gewesen wäre als der Schwarzweißfilm mit Heinz Rühmann, würde der wiederholt. Der Artikelschreiber hätte auch erörtern können, wie es auf die Zuschauer vor 75 Jahren, die nur politischkorrekt keinen Zweifel am größten Feldherren aller Zeiten haben durften, gewirkt haben mag, dass von der Leinwand herab gesagt wird: „Wer es schafft, zwei Halme wachsen zu lassen, wo bisher nur einer wuchs, der ist größer als der größte Feldherr“, aber dann hätte der Schreiber mehr Arbeit gehabt und jemand anderes hätte ihn in die Nähe des Nazifilms rücken können. Die Karriere wäre behindert im besten Deutschland, dass wir je hatten.

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Samstag, 14. Dezember 2019
Meinungsfreiheit zwischen rechts und links
DIE WeLT schreibt, Kabarettist Dieter Nuhr sieht Bestrebungen, die Meinungsfreiheit in Deutschland einzuschränken: „Auf der linken Seite von denen, die glauben, die Demokratie sei nicht schnell genug im Kampf gegen den Klimawandel, rechts von den Völkischen.“

Dieser Satz ist keine Befürchtung, sondern ein Beispiel. Dafür, wie man stromlinienförmig formuliert, um überhaupt noch was sagen zu dürfen. Hier sind wieder die Linken die Guten mit dem richtigen Anliegen, denen es nicht schnell genug geht. Kann keiner was dagegen haben.

Rechts von den Völkischen? Wer sind die jetzt, die Völkischen? Das Volk nicht etwa, nein, natürlich nicht, das sind die Feindbilder der Linken und Sendebeauftragten. Was sagen denn die Völkischen, wie und mit welchen Mitteln gehen die vor? Wie werden die damit in den Medien platziert?

Was zu sagen wäre: Links sind die, denen es mit dem Klimawandel nicht schnell genug geht im Kampf gegen Demokratie.

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