Samstag, 3. Oktober 2015
25 Jahre
Vergegenwärtigt man sich das damalige politische Personal, ist festzuhalten, dass niemand außer Kohl die Durchsetzungskraft und den Willen gehabt hätte, die Wiedervereinigung zu vollziehen. Lothar Späth hätte ihn kurz zuvor beinah gestürzt, man kann nicht sicher sein, ob Cleverle die Wiedervereinigung vorangetrieben oder auch nur für erstrebenswert gehalten hätte. Die Neunziger waren innenpolitisch nicht Kohls Sache; nach der Vollbringung der großen Tat mochte er, so war der Eindruck vor allem im Osten, sich nicht so recht um die Kleinkramigkeiten kümmern.
Man muss die Probleme, die wir jetzt haben, letztlich auch Kohls Hang zur großen Geschichte anlasten. Die Erosion des Staates begann in der Kohl-Ära.
Es geht hier nicht darum, das Verdienst kleinzureden. Das bleibt. Wir müssen nur die Lehre ziehen, dass Politiker nach einer Großtat nicht mehr zu gebrauchen sind.

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Ich vermute eher, dass es an seiner konservativen Haltung lag: Als die DDR zusammenbrach und die Russen auch nicht mehr wollten, war doch gar nicht Durchsetzungskraft gefragt, sondern eher das umgekehrte Talent: es galt, in unübersichtlicher Situation die Ruhe und das Augenmaß zu bewahren, die diversen traditionellen Eliten nicht zu verunsichern und einfach nur nichts Falsches zu machen (und das hat er im Gegensatz zu seinen politischen Gegnern recht gut hingekriegt). In den Neunzigern wäre dagegen aktives Reformieren angesagt gewesen - nicht gerade das, was Konservative gemeinhin auszeichnet.

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