Donnerstag, 16. Juni 2022
Verfassungsgewohnheitsrecht
Noch mal zum Verfassungsgerichtsurteil über Merkels Ansage, die Presse hat wie erwartet es zu einem Ding zwischen Kanzlerin/Demokratie und Gegenpartei gemacht, als ''AfD-Eklat'' wird die Sache auch bezeichnet.
Etwas, das doch alle sagen dürfen und sollen, sollte der Kanzlerin verwehrt sein zu sagen? Sie habe wegen der aufwühlenden Lage nicht an sich halten können.
''Dramatische Ereignisse um die Kemmerich-Wahl'', das muss wohl der Blumenstraußsturz gewesen sein.
Herausragend oder herunterragend ist die TAZ, hier zitiert nach DLF-Presseschau, sie findet es überraschend, dass

''der strikte Neutralitätskurs im Gericht zu bröckeln beginnt. Immerhin drei der acht zuständigen Richter wollten die AfD-Klage diesmal ablehnen. Eine neue Richterin schrieb sogar ein fulminantes Minderheitsvotum, in dem sie die Neutralitätspflicht für Regierungsmitglieder generell ablehnte. Tatsächlich gibt es gute Argumente gegen die etwas weltfremden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Es ist doch nicht undemokratisch, wenn die Kanzlerin oder ein Minister die Bevölkerung aufrufen, nicht die AfD zu wählen oder sogar gegen die Partei zu demonstrieren. Das ist politische Führung und dafür ist die Regierung gewählt. Die Bürger sind eher irritiert, dass Karlsruhe so etwas verbietet. Allerdings schadet die Karlsruher Rechtsprechung auch nicht, denn sie ist eher symbolisch.''

Also Staat und Partei nicht mehr getrennt, Staat als Machtinstrument der Partei. ''Das ist Führung'', ja, genau. Der Führer ist quotenparitätisch besetzt.

Fulminantes Minderheitsvotum einer neuen Richterin gegen Neutralitätspflicht von Regierungsmitgliedern in Parteisachen.

An der Fulminanz zweifeln wir nicht.

Dass das Verfassungsrecht ist, daran müssen wir uns noch gewöhnen.

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