Mittwoch, 26. April 2023
Sterntagebuch
Wie man sich vielleicht erinnert, meinte man beim Stern vor vierzig Jahren angesichts der Tagebuchfunde, jetzt müsse die Geschichte umgeschrieben werden. Es muss ja alles ganz bedeutsam sein.
Der Hitler der mutmaßlichen Tagebücher war besser als der, den man sonst kannte, nicht so nazi. Er wäre besorgt über den Eindruck der Reichskristallnacht gewesen und hätte die Endlösung aus der Wannseekonferenz nicht gekannt.
Damit wäre nicht die Geschichte umzuschreiben gewesen, sondern allerhöchstens die Beurteilung der Selbstwahrnehmung Hitlers.
Beides war aber nicht einmal das Anliegen des Anfertigers, als das es inzwischen ausgegeben wird, man sagt jetzt, Kujau hätte Hitler beschönigen wollen. Wenn, dann weniger historisch als geschäftlich, er handelte mit Fanprodukten. Die Fans wollen natürlich einen spirituellen Führer, den sie als Identifikationsfigur annehmen können. Für Historiker hat Kujau die Produkte sehr wahrrscheinlich nicht gemacht, Museen zahlen weniger.

Er war also mit seiner Gewerbetätigkeit näher an den Relotius-Journalisten als an Geschichtsfälschern, er bediente eine Zielgruppe mit den Informationen, die sie wünscht.
Passt nun wieder gut zum Stern und den sonstigen.

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