Donnerstag, 2. Juli 2020
Aus einem reichen Land
Uwe Steimle spielte in den frühen Neunzigern ein Einmannkabarettstück, in dem er einen frustrierten Ostdeutschen nach der Wende spielt und den fabelhaften Gag bringt: „Ich habe das Brigadebuch geführt. Da war der Tag 'rum. Jetzt bin ich arbeitslos. Und ich hatte so einen ruhigen Posten.“
Warum wir das hier zitieren: Wäre das nicht genau, was nach der Wende, nach der nächsten Wende, das herrschende Gefühl der jetzigen Höflinge wäre? Soll heißen: Wieviele befinden sich jetzt in genau derselben Lage wie die Kabarettfigur in ihrer berufstätigen Zeit.

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Mittwoch, 1. Juli 2020
Fehlerfund
Die Damen Wehrbeauftragte, Verteidigungsministerin und Kanzlerin lösen die Bundeswehr-Eliteeinheit KSK auf. Was stimmt daran nicht?

Wenn wie von Seehofer eine bewaffnete Gruppe verboten wird, ist das verständlich. Wenn es bei der Bundeswehr Extremisten gibt, dann hat man alle dienstrechtlichen Möglichkeiten. Wenn aber ein Brief und ein Verdacht reichen, um die Gruppe aufzulösen, dann hatte man das vor. Das ist bolschewistisches Vorgehen, man verstünde nicht einmal, was daran falsch sein sollte. Feindliche Strukturen, Gruppe Trotzki, weg!

Wenn die Bundeswehr und die Einheit das mit sich machen lassen, dann war das keine Eliteeinheit.

Das stimmt nicht.

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Dienstag, 30. Juni 2020
Unpraktikabler Vorschlag
Bei der Wahlrechtsreform sollen entweder Wahlkreise zusammengelegt werden, damit es weniger sind, oder ein paar Direktmandate nicht gezählt, damit es keine Überhänger gibt.
Es wird so gerechnet, als wären es zwei verschiedene Parlamentskammern aus Direktmandaten und Listenplätzen, was so aber nicht sein soll, und dann wird die zweite Hälfte so vergrößert, damit das gesamte Parlament dem Zweitstimmenanteil entspricht. Dass damit der Anteil und das Gewicht der Direktgewählten sinkt, ist ein gern mitgenommener Effekt.

Hier ist eine Möglichkeit, die funktionieren würde und sowohl Buchstaben als auch Geist des Wahlrechts entspräche.

Die Sitze im Bundestag werden so an die Parteien verteilt, wie es in der Tortengrafik ausgerechnet wird. So viele Plätze haben die Parteien beziehungsweise Fraktionen jeweils.
Und dann geht es darum, wer diese Plätze besetzt. Sie gehen zuerst an die Direktgewählten. Erst danach sind die Landeslisten dran.
Die Direktmandate besetzen also nicht ihre Hälfte, sondern die ersten Plätze, die die Partei erwahlkämpft hat. Danach kommen die von den Listen, sofern es andere Leute sind.
Sollte es mehr Direktmandate geben als für die Partei insgesamt – nicht für die Hälfte – wird wie bisher ausgeglichen und übergehängt, das dürfte kaum was ausmachen.

Hätte allein den Nachteil für die Parteihierarchien. Sichere Listenplätze wären unsichere.
Darum wird es nicht gemacht.

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Montag, 29. Juni 2020
Perestroikaeffekt
Wir hatten hier schon mal vermutet, dass Trump einen Gorbatschow-Effekt haben würde; es sei nicht mehr so leicht, politische Korrektheit durchzusetzen, wenn an der Spitze der Führungsmacht einer steht, der sich darum nicht schert.
Das kann man als bewahrheitet ansehen. Nur sind die Ressourcen des Apparates größer als damals die sowjetischen, zumal unbegrenzte Schulden eine nachwachsende Quelle sind.
Der Gorbatschow-Effekt geht nun aber noch weiter, bis zur kompletten Auflösung und zum Verfall des Apparates, der mit aller Macht versucht, die Erosion aufzuhalten, dazu immer mehr Aufwand betreibt und damit die Erosion beschleunigt.
Nur dass es diesmal keine Auffanggesellschaft gibt.

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Sonntag, 28. Juni 2020
Intelligenzniveau der Partei
Eins von vielen interessanten Details aus Bettina Röhls erhellendem Buch „So macht Kommunismus Spaß“ ist, dass auch im Westen, in den kommunistisch nur unterwanderten, nicht regierten, Ländern die abtrünnigen Kommunisten die gleichen Selbstzweifel hatten wie im Osten, obwohl keine staatliche Repression bestand, nur die der Partei.
Sämtliche, die sich von der Partei entfernten, fühlten sich allein und bindungslos, obwohl man ja annehmen könnte, sie gehörten ja nun wieder zur Mehrheit und dem großen Ganzen. Viele suchten sich andere Gruppenzugehörigkeiten, der demokratische Staat und die freie Rechtsordnung boten eben keinen Ersatz für Vision und Richtigsein.
Auch in den kommunistischen Westparteien hatte man bei Verfehlungen Selbstkritik zu üben, das ist so eine Art Beichte ohne spirituelle Reinigung, nur mit politisch-ideologischer. Alle Selbstkritiker standen vor dem Problem, dass sie sich selbst wegen einer konträren Auffassung nicht mehr glaubten, sie zweifelten an sich selbst und sahen ein: Ich kann doch nicht klüger sein als die Partei.

Doch, das ist man. Die Partei ist überhaupt nicht klug, sie ist ein Machtinstrument, ein Apparat, völlig vernunftunfähig. Wenn überhaupt auf einem kollektiven Bewusstseinsstand, dann verblödet.
Der einzelne, und jeder einzelne, ist intelligenter.
Das ist immer noch so, auch nach einer langen Entwicklung der Individualverdummung.

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Samstag, 27. Juni 2020
Die geltende Ordnung
Perlentaucher.de zitiert:
Die taz debattiert über die Polizei: Schikaniert sie Menschen mit dunklerer Hautfarbe? Oder hilft sie einem gegen die Nazi-Meute?

Das ist die Gedankenstruktur der taz. Immerhin hält sie Polizei und Nazimeute für zwei verschiedene Gruppen, das kann aber im Text auch schon wieder anders sein.

Die Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit und davon, was die Polizei dabei zu sein habe, ist völlig abhandengekommen. Das ist bezweckt, und dazu dient die Rassismuskeule als sehr taugliches Element, weil das Zuschlagen mit ihr immer damit gerechtfertigt werden kann: Oder bist du Rassist?

Der Rechtsstaat soll wohl nun mit aller Härte gegen den Stuttgarter Polizisten vorgehen, der in einer Sprachnachricht ein schlimmes Wort gesagt habe. Womit hat er sich eigentlich strafbar gemacht, also nach welcher Strafrechtsnorm? Rassismus, klar. Wer braucht da noch einen klaren Tatbestand.
Und bei Rassismus gibt es keine Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe. Keine schwere Kindheit und keine außergewöhnliche Belastungssituation.

Wir sehen, welche Ordnung und wessen Recht gelten.

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Freitag, 26. Juni 2020
Heute mal wieder eine Empfehlung
Merkelokratie


Näheres bei www.solibro.de

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Donnerstag, 25. Juni 2020
Wer ist Seehofer?
Der zweite Teil der Meldung „Seehofer verzichtet auf Anzeige“ lautet: „und lädt die taz-Chefredaktion zum Gespräch ein.“
Na das wird ja wohl ein Gespräch auf Augenhöhe. Statt drohendem Strafbefehl eine Belohnung.

Man kann eine Anzeige natürlich auch zurückziehen oder es sich zuvor noch besser überlegen. Abwägen, Aussicht auf Erfolg gegen Aufwand. Und zu dem Aufwand, dem Input, gehört eben auch, dass er dann die gesamte Presse und das Medienpack gegen sich gehabt hätte.
Wenn er was taugen würde, hätte er das auf sich genommen, eine Regierung muss auch so jemanden haben.
Und wenn er ein bisschen taugte, hätte er zu dem Gespräch alle eingeladen, die hier die Satire sehen und woanders nicht, und ihnen eine Ansage verpasst. Er wäre als Gegner, aber als starker Gegner vermittelt worden.
Aber da ist gar nichts.

Wer ist Seehofer?
Schon die Frage ist übertrieben.

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Mittwoch, 24. Juni 2020
Ansehnlichkeiten
Eine kleine Auffälligkeit, die vielleicht auch nicht so allgemein bedeutsam ist: In Museen und sonstigen Ausstellungseventorten laufen die Impressionisten am besten, auch andere nicht mehr bekannte Maler von vor hundert Jahren und länger, die impressionistisch-realistisch gemalt haben und nicht mehr als zeitgemäß modern galten, stellen wieder erfolgreich aus – nicht weil die alten Fans von damals ein Comeback wollten, sondern weil sie was zu zeigen haben. Es gibt mehr zu sehen als bei den Professurmalern.
Könnte als Indiz dafür gesehen werden, dass am Ende die Realität gewinnt.

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Dienstag, 23. Juni 2020
Haltungspresse gibt Selbstauskunft
Schon so selbstverständlich und gewöhnlich, dass es gar nicht mehr auffällt, muss dennoch festgehalten werden: Diese TAZ-Kolumne mit Polizisten auf den Müll wird in der Presse als polizeikritisch tituliert und nicht als Hasssprache oder Hass&Hetze. Was hat man nicht dauernd mit schlimmer Sprache. Hier nicht. Danebengeraten. Aber doch nicht schlechte böse hässliche Sprache.
Nur was, wenn nicht das, ist Hasssprache? Was es nicht ist: polizeikritisch.
Die Presse sagt was über sich.

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Montag, 22. Juni 2020
Absage 2020
Das ist jetzt thematisch nur für eine kleine Minderheit von Belang, aber wegen der Typizität von Interesse: wie heute Veranstaltungen abgesagt werden, zum Beispiel eine Ausstellung.

Folgendes ist passiert. Nach Planung und Finanzmittelbewilligung kommt es dazu, dass von dem, der ausgestellt werden soll, Bilder bei denen gezeigt werden, die sie aus parteipolitischen Gründen nicht sehen sollen.

Da hätte man früher gesagt: Lassen wir Politikkram heraus, dann ist das kein Thema.
Jetzt nicht mehr.

Der Museumsdirektor ist in Aufregung und schreibt dem Künstler: Gesprächsbedarf; das könnte Fragen im Stadtrat geben, das Museum ist ohnehin bestandsgefährdet.
Dann fällt ihm ein: Er muss ja selbst zu denen gehören, die die Fragen stellen.
Er kann es sich nicht leisten, umstrittener Museumsdirektor eines umstrittenen Museums zu sein, von Aktionen von Aktivisten ganz zu schweigen, sofern er es sich gestattet hat, an die zu denken.
Für ihn steht es also: der oder ich. Und ihm fallen Argumente ein; teilweise verfassungsfeindlich, Vereinnahmung, so Sachen, die er gelernt hat, sich vorzustellen.

Der Künstler ermuntert ihn, Gesicht zu zeigen oder wegen Corona abzusagen, bietet an, selbst wegen Corona abzusagen, um dem den Job zu retten, was dieser annimmt.

Und das ist das Neue: Zum ersten Mal in der Kunstgeschichte hat der Museumsdirektor recht.

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Sonntag, 21. Juni 2020
Antiottoautor
Einer beim Berliner Stadtmagazin hat Otto für sich entdeckt und für alle Leser. Otto-Film und Rassismus, muss aufgearbeitet werden, schreibt er.
Warum schreibt er das?
Weil er damit gedruckt wird und weil er sonst nichts zu bieten hat.
Er muss aber nicht fürchten, dass es heißt: „Nein, aufarbeiten müssen wir dich“, sondern es kommt vielleicht na ja die Zeit damals und Otto hat Verdienste.
Der Antiottoautor hat aber in jedem Falle seine Polition erhalten und vermutlich verbessert, auf keinen Fall verschlechtert. Das Negieren ist gleichgestellt mit dem Kreieren, schaffen kann er aber nichts, also versucht er sich am Stürzen, und das geht immer.

Eine Teilmitschuld hat Otto aber doch. Er ist hoffähig geworden und hat sich damit nun zum Ziel der hofinternen Kabale gemacht. Und Titanic, das er mitunterstützt hat, wollte von Anfang an den Sozialismus. Damals war das noch oppositionell. Inzwischen wollen sie den Kommunismus. Kann er haben.

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Samstag, 20. Juni 2020
Angst im Spiegel
Wenn Speigel-bento eingestellt wird,ist das natürlich erst einmal eine Erleichterung, auch wenn man nicht mehr auf spiegel.de guckt. Es gab auch schon die angemessene Häme, darum bleibt nur noch zu fragen, welches Signal man in den Zeiten der Signale setzen will. Man hat ja wohl kaum gemerkt beim Spiegel, dass es schlecht ist, man hat wohl auch kaum etwas an der politischen Ausrichtung auszusetzen gehabt. Und dass man sich nicht mehr um die Jugend kümmern wolle, scheint ebensowenig die beabsichtigte Aussage zu sein wie, dass man es nicht kann.
Es bleibt wohl nur das Zeichen nach innen, an die Belegschaft: Es steht alles zur Disposition, nichts ist sicher. Denn wenn man eine Gefolgschaft braucht, muss sie verängstigt und verunsichert sein.
Die Angst soll schließlich weitergegeben werden.
Spiegelschreiber fürchten mehr.

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Freitag, 19. Juni 2020
Kampf gegen den anderen Clan
Die Polizei zu definanzieren (defund), ist eine ernsthafte politische Forderung, vorerst in den USA, ernsthaft in dem Sinne, dass sie so gemeint ist.
Es gibt schon Ergebnisse zu beobachten. Zonen, autonom genannt, ohne Polizei. DerTraum auch unserer linken Autonomiebehörden.
Und das ist nun wieder so was, wo man nicht sagen kann, das Ergebnis wäre nicht beabsichtigt oder anders, als es gemeint war. Denn aus der Defund-Forderung ist abzulesen, wie man die Polizei betrachtet und ungebremst darstellt: als einen konkurrierenden kriminellen Clan.
Man sagt damit eben auch und zuerst etwas über sich.

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