Dienstag, 12. Juli 2022
Leeres Wort
Das Wort Schutz wird ohnehin nur noch abstrakt und metaphorisch verwendet, man stellt sich aber etwas Konkretes vor.
Die zusammengesetzten Wörter, die auf -schutz enden, bedeuten entweder Schutz vor dem ersten Wort, Brandschutz ist Schutz vor einem Brand, oder Schutz des ersten Wortes vor irgendetwas anderem, Umweltschutz als Schutz der Umwelt vor Verschmutzung oder Zerstörung des als Umwelt bezeichneten Biotops, oder auf die Art des ersten Wortes, Impfschutz soll Schutz durch Impfung sein.
Man hat mit einem gewöhnlichen Sprachgefühl ein Verständnis, was gemeint ist, so ist ein Wetterschutz ein Ding, das Wind und Regen abhält, oder Jugendschutz soll Jugendliche schützen vor schlimmen Einflüssen, ein Versicherungsschutz ist eine vertragliche Zahlungsvereinbarung.

Man kann sich unter Müllschutz Schutz vor Müll vorstellen oder Schutz des Mülls davor, weggeweht zu werden, oder einen unwirksamen müllartigen Pseudoschutz.

Es kann hingegen als sinnvolle Bezeichnung keinen Statistikschutz geben, außer man meint etwas wie die Sicherung der Erhebung oder der Datenaufbewahrung.

Was aber soll Schutz im Zusammenhang mit einem zusammenfassenden Begriff von atmosphärischen Erscheinungen über einen bestimmten Zeitraum und den Erhebungen von Extremwerten, Mittelwerten und Streuung bedeuten?
Natürlich soll -schutz hier die erste der aufgeführten Bedeutungen haben, Schutz des Bestandes, aber wovor? Vor einer anderen Zusammenfassung atmosphärischer Erscheinungen, vor anderen Mittelwerten und Extremwerten? Das würden die Schützer wohl so behaupten. Aber wieso ist das dann ein Schutz?

Ein Quatschwort generiert Quatschhandlungen und Quatschpolitik. Oder die Quatschpolitik hat sich ein Quatschwort gemacht.
Quatschleute tun so was.

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Montag, 11. Juli 2022
Wunschpolitiker
Man muss es so hart sagen, unsere Spitzenpolitiker verkörpern von Typ und Auftreten her unsere Wünsche. Nüchterner kühler Scholz, die nie um ein Wort verlegene Annalena, der Habeck mit dem Durchblick, Typ Freund und engagierter nachdenklicher Eloquenzler.
Und das reicht den meisten.
Die sind toll. Was will man mehr.
Es würde eine emotionale Barriere zu überwinden bedeuten, etwas auf sie kommen zu lassen.
Das begann mit Merkel, die uneitle unaufgeregte Kanzlerin, die sie darstellte, das möchte man. In ihren späteren Amtszeiten waren es auch mehr die Leute aus ihrem Umfeld, die nach Loyalität ausgewählt wurden und nicht nach Wirkung, Altmaier, Widmann-Mauz, und nicht die Kanzlerin selbst, die sie im Ansehen mit herunterzogen.
Wunschfiguren sind alternativlos.

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Sonntag, 10. Juli 2022
Kreis der Prominenz
Die sogenannte Politprominenz gibt sich die sprichwörtliche Klinke in die ruhige Hand bei der Großhochzeit von Christian Lindner, ein Presseereignis, von dem die Presse noch eine Woche zehren wird. Früher wurden für so was Jagden veranstaltet, damit die Adligen informell zusammenkommen konnten und ihren Fürsten oder König außerhalb der höfischen Etikette treffen.
Schön für Christian Lindner, und er hat gewiss einen besseren Griff getan als Prinz Harry.
Vielleicht kamen sogar Freunde und Verwandte, vielleicht wurden sie gebeten, sich bedeckt zu halten oder ein Namensschild zu tragen, um Peinlichkeiten zu vermeiden.
Und dies ist der Grund, warum uns diese Sache etwas angeht. Die Politprominenz ist ein Ersatz für den Kreis, den man normalerweise zu seiner Hochzeit einlädt. Christian Lindner kann politisch nichts mehr tun oder sagen, was ihn aus diesem Hofkreis ausstoßen würde. Diese Leute sind seine Bezugspersonen, sie sind wichtiger als sein persönliches Umfeld und erst recht das Volk, das er vertreten sollte.
Er hätte seinen Amtseid auch gleich auf die Politprominenz leisten können.

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Samstag, 9. Juli 2022
Sympathien für den Chef
Betrachten wir die Weltkonstellation dramaturgisch, was wir hier ja hauptsächlich tun, dann ist sie monopolar. Es gibt einen Chef, um den es geht. Nebenfiguren gruppieren sich um ihn herum und agieren auf ihn bezogen. ''Wir dürfen ihm keine Bühne überlassen'' ist so ein bestätigendes Anzeichen. ''Wir stehen gegen ihn zusammen'' und ''er muss mit geschlossener Reaktion rechnen'' ist nichts anderes als die dramaturgische Anerkennung seiner Position als Chef.
Würden die Schlümpfe sagen, ''Wir werden Gargamel zeigen, dass er sich verrechnet hat, und stehen gemeinsam in großer Geschlossenheit zusammen'', wäre Gargamel die Hauptfigur, er würde, was immer er auch täte, viele Sympathien bekommen. Das ist der Typ, an den man sich hält.
Sogar diejenigen, deren Sympathien nicht bei Gargamel liegen, würden mit ihm mitfiebern, würden gespannt schauen, was er als nächstes tut.
Gut für die Schlümpfe, dass sie durch das, was sie tun, die Protagonisten sind, und nicht durch das, was sie vorhaben, oder dadurch, dass sie mehr sind.

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Freitag, 8. Juli 2022
Es geht immer jetzt los
Erstaunlicherweise sind die Zeitungen, im Querschnitt der DLF-Presseschau, nicht durchweg begeistert von der Ataman-Personalie.
Wie mag das kommen?
Möglicherweise dämmert es manchen Journalisten, dass sie eine Kartoffelvergangenheit haben und dass es jetzt erst richtig losgeht.

Das ist, was es zu lernen gilt, aber jedes Mal wieder aufs Neue. Die Ideologien bewirken nie einen Zustand, der als der erstrebte angesehen werden könnte. Die Invariante ist, dass das Bisherige nichts getaugt hat. Habeck rechnet mit Merkel-Klimapolitik ab, auch so ein Beispiel. Feminismus, ganz klar, dass der Altfeminismus überwunden werden müsse und es jetzt um alles gehe.

Und im Herbst wird man merken, dass der Evaluierungsbericht doch rechthatte, was die Unwirksamkeit angeht, und man jetzt erst richtig loslegen muss mit den wirksamen Maßnahmen.

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Donnerstag, 7. Juli 2022
Einseitig neutral
Im Offenen Brief an Olaf ''Kartoffel'' Scholz schreibt Hamed Abdel-Samad, als damaliger Hamburg-Oberbürgermeister habe Scholz ihm gesagt, er habe seine Bücher gelesen, könne sich aber nicht öffentlich dazu äußern, Neutralität und so. Zu Recht schreibt Hamed Abdel-Samad nun, dass mit der Antidiskriminierungsbeauftragung diese Neutralität nun doch verletzt werde.
Ja, so ist das mit der Neutralität, sie wird sehr einseitig eingesetzt.
Aber nicht erst jetzt verletzt. Olaf ''Kartoffel'' Scholz lässt schon die ganze Zeit mit Deppinnensternchen twittern. Vielleicht wollte er ja damit anzeigen: Hier gibt es nichts Neutrales, ich kann aber nicht deutlicher werden.

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Mittwoch, 6. Juli 2022
Zwei Radiogespräche zum selben Thema
Heute im Frühstücksradio, der Präsident der Humboldt-Universität wird befragt zu der Absage des Mann-Frau-Vortrags. Ein bisschen peinlich ist es ihm, sein Framing ist: wurde nur verschoben aus der langen Nacht hinaus, wo viele unbeteiligte Leute gewesen wären, und es wäre mit Protesten und Gegenprotesten zu rechnen gewesen.
Konflikt also zwischen Protestlern und Gegenprotestlern.
Das Framing des Moderators ist subtil härter, hätte man nicht damit rechnen müssen? Die hat doch den umstrittenen Brief in DIE WeLT mitgeschrieben, der zu heftigen und so weiter.
Was beim Hörer, der seine Morgenruhe will, hängenbleibt: Lieber nicht solche umstrittenen Vorträge mit Streitpotenzial einplanen.

Direkt anschließend wird eine Frauenfußballerin telefonisch befragt, aber nicht dazu, sondern zur Frauenfußball-Europameisterschaft. ?Frauen sind nun mal anders gebaut wie Männer und werden immer schneller rennen?, sagt sie zur Frage der Akzeptanz, ohne dass dem Moderator auffällt, dass sie das gar nicht wissen kann.
Und demnächst sicher anders erlebt.

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Dienstag, 5. Juli 2022
Nun offiziell: gleichgeschaltet
Ab heute darf man 'inhaltlich gleichgeschaltet' sagen, sogar in Bezug auf unsere Zeitungen.
Im Frühstücksradio geht es zunächst um die Lokalzeitungen in den USA, sind weg und das ist ungünstig für die Demokratie, und wie es bei uns sei, fragt die Moderatorin den Experten. Da gäbe es noch überall Zeitungen, aber auch Krise, zu wenig in Innovation, Verlage haben Titel zugekauft, um gegenzufinanzieren, lokale Ausgaben seien eingestellt oder ''inhaltlich gleichgeschaltet? worden.
Tatsächlich.
Auch beim Nachhören im Internet. Inhaltlich gleichgeschaltet.
Ob das jetzt auch eine Gefahr für die Demokratie sei, sagt er nicht, ist vermutlich keine, die haben ja alle Haltung.

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Montag, 4. Juli 2022
Kurze Sichtbarmachung der Machtverhältnisse
Den Besprechungen von der Anne-Will-Sendung zufolge hat ein Realitätseinbruch für etwas Verunsicherung gesorgt, der aber weggewischt werden konnte, und, so ist zu lesen, die Journalistinnen seien noch hartliniger gewesen als Lauterbach, der auch nicht mit Realität die Leute verunsichern wollte. Die dramaturgische Betrachtung ist dabei: Lauterbach assistiert den Journalistinnen. Er agiert nicht rational, das ahnte man schon, aber nicht einmal selbstgesteuert. Hätte er dem Pfleger aus der Realität nachgegeben, wäre er weg. Die Journalistinnen hätten theoretisch nachgeben können, ohne ihren Posten zu riskieren, jedenfalls nicht den nominellen Posten.
Man hat mal einen Blick auf die Machtverhältnisse gekriegt. Das sind allein die, die wirken, es gibt keine anderen. Steht so nicht in der Verfassung, aber die garantiert sich auch nicht selbst.

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Sonntag, 3. Juli 2022
Getestet
Dafür, dass wir einen Katastrophenwinter vor uns haben, werden wir aber erschreckend schlecht darauf eingestimmt.
Die paar Aufrufe, zusammenzurücken und gemeinsam Energie zu sparen, verbunden mit der Ankündigung, es wird nicht genug Wärme für alle geben, das reicht doch nicht für die Einstimmung, auch wenn man einen Schuldigen hat, den man pflegen kann.

Aber die Herrschenden denken, dass sie damit durchkommen, und vermutlich haben sie da vollkommen recht.

Wir haben den Corona-Test bestanden.

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Samstag, 2. Juli 2022
Gebundene Medien
Orwells Neusprech verhindert bekanntlich das Denken von abweichenden Gedanken, und das ist, was das Zeitungsdeutsch bei uns leistet. Das Medien- und Pressegewäsch hat das Sprechen und Denken so stark durchsetzt, dass man darauf angewiesen ist, auch wenn man etwas Kritisches und Abweichendes sagen will, einfach weil man nichts anderes mehr kennt.
Dieses Formulieren in umschreibenden Metaphern mit emotionalisierender Absicht lässt sich nicht in Gegenrichtung verwenden. Man kann es ja versuchen, wenn man nichts anderes hat, aber dann kommt so was heraus: ''Anzeigenboykotte und Verfassungsschutz: Der Feldzug gegen freie Medien nimmt an Schärfe zu'', nur als zufällig gefundenes Beispiel. Nimmt an Schärfe zu, das ist ja nicht die Handlung. Schon gar nicht etwas, das der Feldzug tut.
Hier wird das Gewohnte kopiert, vielleicht soll gerade ein Gefühl, man würde etwas Abseitiges lesen, vermieden werden. Sehr wahrscheinlich ist es auch so, etwas Klares, Informatives würde schon eine Anmutung von Zweifelhaftem auslösen.
Und Zweifelhaftes wollen wir nicht, das wissen wir aus den Zeitungen.

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Freitag, 1. Juli 2022
Endeffekt
Die Evaluierung der Coronamaßnahmen, so wird genannt, was der Hof gleich selbst betreibt zur Abwendung der Aufarbeitung. Aber gut, soll man, wenn auch zu spät, überprüfen, was was gebracht hat.
Ehrlicherweise, und damit ist schon impliziert, dass das nicht geschehen wird, müsste dann auch untersucht und bewertet werden, welches Vorgehen gegen die Kritiker und welche medialen Maßnahmen, welches Framing und welches Sperren und Löschen irgendeinen Nutzen und damit irgendeine Berechtigung gehabt haben sollte.
Oder kämen wir etwa dazu, dass Zeitungen und Rundfunk beschlössen, sich was zu schämen?

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Donnerstag, 30. Juni 2022
Getane Arbeit
Völlig selbstevident und keiner Erklärung bedürftig, Perlentaucher zitiert:

Im Spiegel (hinter Paywall) schimpft Eva Menasse über den ''diskursiven Reinigungsfuror eines publizistischen Bataillons aus Anti-Antisemiten, die offenbar wirklich glauben, dass sie dieses Land bald, vielleicht schon übermorgen, antisemitenfrei kriegen''. Ein ''Hauch von McCarthy'' wehe durch das Land: ''Da man nach all den Jahren im eigenen Purgatorium vollumfänglich verstanden zu haben glaubt, was Antisemitismus ist, und sich selbst frei davon wähnt, möchte man ihn bei anderen umso allumfassender geahndet sehen. Ein deutscher Drang zur Übererfüllung blitzt auf. Genau diesem entsprang vor drei Jahren die so ungeheuer schädliche Anti-BDS-Resolution des Bundestags, eine Resolution, die ursprünglich auf die AfD zurückging. Im Jahr 2019 wusste hierzulande noch kaum einer, was BDS (...) eigentlich ist: nämlich die an sich vernünftige Idee der Palästinenser, eine gewaltlose politische Alternative für die Auseinandersetzung mit Israel zu finden. Aber BDS fuhr unter anderem deswegen gegen die Wand, weil es sich nicht mit dem Boykott von Produkten der israelischen Siedler (die jeden Boykott verdienen!) zufriedengab, sondern ihn auf israelische Künstler und Wissenschaftler ausgedehnt haben wollte. Das ist, Stichwort Meinungs- und Kunstfreiheit, in demokratischen Ländern die rote Linie, das muss man gar nicht Antisemitismus nennen.''

Nur lesen und im Kopf behalten.

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Mittwoch, 29. Juni 2022
Multikrisenmodus
Wir können mal darauf gespannt sein, ob die Krisen sich überschneiden und kumulieren, Krieg und Corona. Eigentlich haben wir nur Kapazität für eine und auch nur Bedarf, aus Sicht der Herrschenden. Unsere Herrscher hätten, jedenfalls kennen wir sie so, nicht das geringste Interesse am Ende der Krise. Mit Klima kann man viel Stress machen, aber die bessere Bedrohungskulisse ist doch ein Virus, wo man den Maßnahmenleugnern die Schuld geben kann. Krieg ist eigentlich noch besser, weil der an allem schuld sein kann.
Da aber sich die Kriegserlebnisse nicht auf Inflation und kaltes Wasser beschränken dürfen, müssen noch andere Auffangkrisen her, es genügen die vorhandenen.
Was der bereits erreichte Effekt ist: Wir können uns gar nicht mehr daran erinnern, wie überhaupt ein freies Land funktioniert und was eine gute Regierung seinsollte.

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