Mittwoch, 27. Januar 2021
Gedenkwende
Was ist unsere Gedenkkultur? Zu reden, dass es keinen Schlussstrich geben darf und keine Debatte um eine Hundertachtziggradwende und keine Verschwörungstheorien und dass wir die sind, die das sagen, und nicht die anderen, die etwas Übles wollen.
Man selbst definiert sich als links und ist aus Definition nicht antisemitisch, was links sowieso nicht geht, weil der Holocaust einmalig ist, aber die anderen ständig damit in Verbindung zu bringen sind.
Aber genau das ist die Gedenkwende, das ist der Schlussstrich, den man anderen unterstellt.

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Dienstag, 26. Januar 2021
Machtdramaturgie
Dramaturgisch betrachtet ist es gerade nicht so, dass die Regierung das Volk quält, welches es sich teilweise bieten lässt und dies wünscht und teilweise nicht, sondern wir erleben den Konflikt, der heftig ausgetragen wird zwischen den Dagegenseiern und den Dafürseiern. Dies ist in der Moralisierung und Emotionalisierung angelegt, es gibt keine abwägende Politik, die sich zwischen äußerst schlechten Optionen zu entscheiden hat, sondern die Konstellation gutdenkender Schutz des Lebens gegen Undenker.
Beide sind damit befasst, sich gegenseitig zu bekämpfen, auch hier etwas ungleichgewichtig, denn die Aktionen der Undenker gehen gegen die Politik und die Regierung, wogegen die Gutdenker sich als Bodentruppen gegen jene einsetzen lassen.
So kommt es, dass ein Gerichtsurteil, das des Weimarer Richters, der Verfassungswidrigkeit feststellte, nicht als Rechtsfrage behandelt wird, sondern als wirres Pamphlet eines Irregeleiteten, der sich damit nie hätte befassen dürfen.

Hier dürfen wir gespannt sein. Hält es das Oberverwaltungsgericht nicht für nötig, alle Einzelheiten zu widerlegen, sondern wird das Urteil irgendwie anders für unwirksam erklärt, rückwirkende Feststellung der Befangenheit oder so was, dann gibt es bei den einen Entsetzen und bei den anderen das gute Gefühl, bei den Richtigen zu sein.
So lässt es sich ganz gut herrschen.

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Montag, 25. Januar 2021
Mit
Eine neue Normsprechunart wie das „auf irgendwas setzen“ – aktuell: Jens Spahn setzt auf denundden Impfstoff – ist „mit“.

Ja, mit. Thüringen mit höchster Zahl, Bayern mit vier Toren. Schlechter Stil, abgeschrieben voneinander, aber hat System, denn die überdeckte Formulierung hätte ein Verb, mindestens „hat die höchsten“ oder „schießt“. Es ist nicht nur Denkfaulheit, eine passende Formulierung mit Tuwort zu finden, die Vorstellung eines Tuns soll vermieden werden.

Jemand müsste ja etwas tun, vorgehabt haben, Erfolg oder Misserfolg erzielt haben, und das soll der Leser nicht vorgesetzt kriegen, sondern einen Zustand, der eine Meldung vortäuscht.

Dazu passt, dass Verben in Aktivform häufig da benutzt werden, wo eigentlich eine Passivkonstruktion angebracht wäre, das Auto schleudert oder die Schule öffnet, wen oder was eigentlich? Sich selbst, wenn überhaupt, wird aber geöffnet von jemandem, den man bestimmen könnte.

Zum Neusprech gehört die Abschaffung des Aktiven.

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Sonntag, 24. Januar 2021
Zeitungsende
Die Presse lastet ihren Niedergang gern dem Internet an, aber dann müssten die Online-Auftritte der Zeitungen dies ja ausgleichen, bei der Qualität. Aber das Internet ist nur insofern beteiligt, als es die falschen Anreize gesetzt hat.

Wenn eine Klickstrecke kommt „Lutetia Dorint unter der Dusche“, dann schnellen die Klickzahlen in die Höhe, weitaus stärker als bei „Kritische Frage an die Kanzlerin“. Daraus wird geschlussfolgert, die Leser wollten Ersteres stärker als Letzteres. Da setzen wir eben falsche Akzente; die Leser finden die Duschfotos nicht wichtiger, sie wollen sich vielleicht bei ihnen von der Kanzlerin erholen. Und auch eine Überschrift „Dieser wichtige Artikel wird Sie überraschen“ scheint erfolgsträchtiger als eine unverschwurbelte, aber das wäre kein Grund, den Stil verderben zu lassen.

Das Internet ist von der Benutzung her emotionaler und spontaner, man möchte darum nicht auch noch dafür bezahlen, verlockt zu werden. Eine Zeitung oder ein Magazin dürfte gerade nicht gedrucktes Internet sein, aber was anderes können die nicht mehr.

Dann ist es nur folgerichtig, dass die Zeitung nicht gebraucht wird, obwohl sie gebraucht würde.

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Samstag, 23. Januar 2021
Grundrechtsbedarf
Immerhin hat es Madame Lambrecht richtigherum formuliert; die Einschränkungen bedürfen der Begründung, diese falle bei Geimpften weg. Die könnten also wieder ins Kino und ins Restaurant.

Nun gab es Stimmen dagegen, nicht nur wegen Privilegien, auch mit dem vorgetragenen Grund, auch Geimpfte können ansteckend sein. Ja aber wenn im Kino und Restaurant nur Geimpfte sind? Die würden ja gerade nicht angesteckt. So gesehen wäre es durchaus möglich, die Klasse der Geimpften zu privilegieren. Der Aufstieg bleibt ja möglich.

Aber daran sieht man oder konnte man sehen, dass die Einschränkungen einer unberechtigte Begründung haben; man betrachtet Menschen als grundsätzlich gefährlich mit Ansteckungspotenzial. Dies hat keine Grundlage. Die allgemeine Möglichkeit reicht nicht. Es müsste einen individuellen sachlichen Grund geben, Symptome wäre einer, oder Kontakt gehabt zu haben mit einem Infizierten gerade auch noch.

Aber nicht die Gefährlichkeit des Virus und die Mutation und die hohen Zahlen.

Doch das Rechtsverständnis ist uns längst abhandengekommen.

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Freitag, 22. Januar 2021
Neosozialismus
Joe Biden will also Rassismus bekämpfen, und man kann sich denken, was das heißt; jetzt ist dauernd „Rassismus!“ Alles und alle sind „rassistisch!“, jedenfalls potenziell.

Wer gegen Rassequote ist und wer einen Rassequotiententräger für unfähig hält, ist Rassist. Die Beweislast ist nicht umgekehrt, sie existiert nicht. Es gibt keine Möglichkeit von Notwehr oder entschuldigendem Notstand, keine Schuldminderungsgründe, nur Schuld bei Verdacht. Also versucht jeder, dem Verdacht zuvorzukommen, und findet Rassisten, wo er sie trifft.

Die große Einigung und Versöhnung, sie ist ganz im Sinne unserer Journalisten. Aber ein freies Land muss nicht vereinheitlicht sein, nur ein totalitäres braucht die Einheit. Und wer sich widersetzt, ist Spalter.

So kennen wir es, und so lernen wir es erneut kennen.

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Donnerstag, 21. Januar 2021
Gefühlte Emotion
Die häufig und immer wieder gestellte Frage ist, wann es so blöd wurde, wann es anfing, dass die Presse und die Öffentlichkeit nur noch in politischkorrekten Sprachstanzen reden und in Parolen denken.

Man kann es datieren, und zeitlich passen dazu zwei Ereignisse, die einen wirkungsverstärkenden Effekt haben können.

Das eine ist das iPhone, dazu passend Facebook und Twitter, diese technische Veränderung der Gewohnheiten haben intuitiv und emotional gewirkt. Man bekommt in der virtuellen Welt Rückkopplung, Feedback, das positiv oder negativ ist, also macht man das, was positiv und belohnend wirkt. Die Realität kommt abhanden, sie ist ohnehin nicht so intuitiv und emotional. Man kann in de Blase bleiben und tut gut daran, es zu tun.

Dazu kam das Auftreten einer Oppositionspartei. Nun war die rotrotgrüne Suppe nicht mehr alternativlos, man konnte sogar abwählen. Vorher ging es allenfalls um die hofinterne Verteilung der Posten, nun war der Hof selbst betroffen. Es gab plötzlich die Falschen. Ihnen zu nutzen, musste unbedingt vermieden und verhindert werden.

Beides zusammen brachte uns die Wohfühlhaltungsmerkelei, die durch die Gesellschaft wabert und der Kitt ist, der alles verklebt.

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Mittwoch, 20. Januar 2021
Die Bedeutung rückwirkender Amtsenthebung
Das kann schon sein, dass ein Präsident auch in der Zeit bis zur Amtsübergabe so schlimme Verfehlungen begeht, dass er noch abgesetzt werden müsste, selbst wenn es nur noch ein paar Tage beträfe. Das könnte durchaus nötig sein, als Ausnahme von dem Prinzip, dass es das ist, wofür wir Wahlen haben, nämlich den Wechsel zu ermöglichen und einen schlechten Präsidenten abzusetzen.
Diese Ausnahme entfällt aber nach der Amtszeit. Eine Anstrengung zur rückwirkenden Amtsenthebung wäre, das wissen die, die es vorhaben, rein symbolisch, aber die Bedeutung des Symbols wäre: Die Wahlen werden ausgehebelt. Nicht nur durch die mögliche Manipulation, es kommt gar nicht mehr auf die Wahlen an. Es wird woanders bestimmt, wer darf.
Und das würde unser gesamter Hof gutfinden.

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Dienstag, 19. Januar 2021
CDU und Basis
Von der CDU-Basis war wegen Merz und den Funktionärspräferenzen die Rede, und mehr als Rede war auch nicht. Das mit der Parteibasis ist eine Grüne Erfindung, Basisdemokratie, alle Macht der Basis. Das Wort wurde übernommen, Sinn hat es nicht.
Auch die sich als Volkspartei titulierende CDU war nie was anderes als ein Vernetzungsbüro, eine Karrierehalbleiter oder für manche eine Sozialkontaktstelle. Die Mitgliederzahl und die Wahlergebnisse ließen das Wort von der Volkspartei sinnhaft erscheinen.
Neu an der Merkelei ist, dass die Funktionärskaste nicht einmal mehr vorgibt, ein über sich selbst hinausweisendes Angebot zu machen. Es gibt keine Basis,nur Merkel. Es gibt kein Volk, nur die Kanzlerin. Kein Reich, kein Volk, nur Führerin.

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Montag, 18. Januar 2021
Aufbruch oder Fortschritt
Ein Aspektchen; weil auch momentan im Deutschlandfunk eine Rederunde zum Thema Aufbruch oder Stillstand läuft wegen der Laschet-Wahl und Merz-Nichtwahl: Ist es nicht höchst sonderbar, dass der als Konservativer etikettierte Merz für den Aufbruch stünde und der offene Laschet als Merkelmännchen für Stillstand?
Ist es, und was sagt es über Merkel und das Fortschreiten? War die Kanzlerin nicht für ihre Fortschrittlichkeit gerühmt und verehrt, für ihren Mut zu sonstwas, und nun stünde der Konservative für Aufbruch?
So passiert es, wenn der Fortschritt ein festgelegter, ein geplanter und konzipierter ist, ein ideologischer. Er ist totalitär, so sehr, dass eine Erinnerung an funktionierende Zeiten gefährlich und umstürzlerisch ist.
Merkel schafft es schon noch, dass es keine Erinnerung mehr geben wird.

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Sonntag, 17. Januar 2021
Wahldebakel
Hätte Merz gewonnen, könnte man sich nun mental auf einige Enttäuschungen einstellen. Aber nicht nur; manche hätten seine Wahl als Signal des Aufbruchs missverstanden, was eine Dynamik hätte entwickeln können.
Nun also keine Dynamik.
Es lässt sich aber etwas lernen. Die Strategie, nicht aufzufallen, nicht für den Wandel zu stehen und damit auch nicht einmal für sich selbst, sich als Anführer nach vorn schieben lassen zu wollen, ist fehlgeschlagen, sie funktioniert nicht.
Kann sein, er wäre auch mit einem Danke-Merkel-Programm nicht gewählt worden, aber dann stünde er jetzt immer noch als Gegenpol da, könnte Dynamik und Aufbruch, Aufbrechen, auslösen. Vielleicht hätte man ihn zum Wirtschaftsminister gemacht, damit er eingebunden wäre.
Jetzt haben die Merz-Anhänger nichts, dem sie anhängen könnten.

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Samstag, 16. Januar 2021
Welt als Wahn und Zwangsvorstellung
Zwei Sachen aus dem Frühstücksradio. Frauenunionsfrau Widmann-Mauz im Interview, sie zeigt, was die Frauenunion ist: nichts. Sie redet nur Politsprechstanzen. Aber wird reich beim Staat.

Davor ein Beitrag 25 Jahre rassistischer Anschlag in, war es Lübeck oder Kiel, Hafenstraße, Haus brannte ab, mehrere Tote, deren Leben zählen, und es wird immer noch Aufklärung gefordert. Nur, die gab es längst und es gibt nichts Neues. Das Feuer entstand innen, wo Kinder spielten, da muss der Rassist sich eingeschlichen haben. Den Aktivisten geht es indes nur um sich. Antirassismus ist eine Prozession, ein Ritual, gemeinschaftsstiftend, es geht um nichts. Null Substanz. Aber viel Gerede, der Staat schaue weg und man habe NSU und Hanau gesehen, da müsse man. Blanke Instrumentalisierung zu eigenen Zwecken, man hat nichts zu bieten und muss sich besser fühlen oder überhaupt irgendwie. Der Beitrag streift die Ermittlungsergebnisse, nur müssten die dann den ganzen Beitrag überflüssig machen. Tun sie nicht, es soll hängenbleiben, es ist Rassismus, wenn wir nur ganz fest wollen.

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Freitag, 15. Januar 2021
Bürgernähe
Bei Sachsens Ministerpräsident Kretschmer waren Demonstranten vor der Wohnungstür, er sagte anschließend, mit ihnen kann man nicht reden.
Selbst wenn das stimmte, stünde es einem demokratischen Regierungschef nicht zu, so über die Bürger zu reden. Er wäre gehalten, sich diplomatischer auszudrücken als im Umgang mit Diplomaten; er müsste sagen, „es ist mir nicht gelungen, alle Argumente vorzutragen und unsere Sicht zu vermitteln, und der Gesprächsfaden darf nicht abreißen.“ Mit Mullahs geht das auch.
In einem demokratischen Land geht es darum, ob mit dem Ministerpräsidenten geredet werden kann.
Aber in einem demokratischen Land hätte Kretzschmer sich nunmehr in der Öffentlichkeit blamiert.

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Donnerstag, 14. Januar 2021
Parteiverfahren
Es ist nur folgerichtig, dass die Hälfte der Europa-Abgeordneten der „Die Partei“ die Partei im Streit verlässt; der eine war schon die ganze Zeit bei der Fraktion der Grünen. So passiert es, wenn man einen Grünen als Kabarettisten ausgibt.
Der Partei-Gründer kriegt ab, was er seit zwanzig Jahren praktiziert, die Einsetzung der Satire und der Satirezeitschrift zu parteipolitischen Zwecken. Damit kriegt man alles geschrottet, zuerst die Satire. Es entsteht Gesinnungssatire von politischen Journalisten, die jetzt mal ganz krass machen. Es entsteht die Witz-Beilage von Konkret. Fast inhaltsgleich, nur dass die Redakteure sich gegenseitig sagen: ja, das ist lustig.
Und nun ist Sonneborn passiert, was allen Kommunisten passiert, sie sind auf einmal selbst politisch unzuverlässig, zu wenig kommunistisch.
Aber er wird sich anpassen.

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