Dienstag, 4. Oktober 2016
Verräterisches und Verrat
tagesschauder, 11:51h
Schaut man sich beispielsweise Cartoons über Ärzte an, muss man feststellen, dass die Ärzte darin viel schlechter wegkommen, als es angemessen wäre. Anwälte und Richter werden durchgehend als Rechtsverdreher dargestellt, Klempner machen Pfusch. Vielleicht gibt es Branchenzeitungen, in denen man sich über Patienten, Klienten und andere Kundschaft lustigmacht. Zeichner müssen sich sagen lassen, nur Kinderkritzeleien zu vollbringen. Auch abseits des Humoristischen gehört es zu wohl jedem Berufsbild, Kritik und bisweilen Hass ausgesetzt zu sein.
Das ist bei Politikern nicht anders, kann es nicht sein. Wer in der Demokratie politische Kompromisse eingeht, zieht es auf sich, von mindestens einer Seite als Verräter angesehen zu werden, am besten von allen.
Wenn Journalisten sich „Lügenpresse!“ anhören müssen, dürften sie eigentlich nicht überrascht sein -- nicht, weil sie notorische Lügner sind, sondern weil sie antworten müssten: Nun, wir stellen dar, und eine Darstellung kann falsch sein. Das gehört zum Beruf. Erst, wenn man die eigene Darstellung für die helle Wahrheitsoffenbarung hält, neben der keine andere Meinung geduldet werden kann, reagiert man angefressen.
Entsprechendes gilt für die, die „Volksverräter!“ zu hören kriegen. Ein demokratischer Politiker müsste antworten: „Dafür, dass Sie Ihre gewählten Politiker so beschimpfen dürfen, ohne staatliche Konsequenzen zu fürchten, hat Deutschland gekämpft, und dafür setzen wir uns weiterhin ein.“
Das ist bei Politikern nicht anders, kann es nicht sein. Wer in der Demokratie politische Kompromisse eingeht, zieht es auf sich, von mindestens einer Seite als Verräter angesehen zu werden, am besten von allen.
Wenn Journalisten sich „Lügenpresse!“ anhören müssen, dürften sie eigentlich nicht überrascht sein -- nicht, weil sie notorische Lügner sind, sondern weil sie antworten müssten: Nun, wir stellen dar, und eine Darstellung kann falsch sein. Das gehört zum Beruf. Erst, wenn man die eigene Darstellung für die helle Wahrheitsoffenbarung hält, neben der keine andere Meinung geduldet werden kann, reagiert man angefressen.
Entsprechendes gilt für die, die „Volksverräter!“ zu hören kriegen. Ein demokratischer Politiker müsste antworten: „Dafür, dass Sie Ihre gewählten Politiker so beschimpfen dürfen, ohne staatliche Konsequenzen zu fürchten, hat Deutschland gekämpft, und dafür setzen wir uns weiterhin ein.“
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damals,
Samstag, 8. Oktober 2016, 13:34
Der Ton macht die Musik
Natürlich gibt es mehr verächtlich machende Cartoons über Ärzte und Anwälte, als es angemessen wäre. Es gibt auch mehr verächtlich machende Cartoons über Politiker, als es angemessen wäre. Beides ist bei uns normal und ein Zeichen funktionierender Meinungsfreheit. So weit haben Sie Recht.
Nicht normal dagegen wäre, wenn Sie pöbelnderweise die Arztpraxis betreten und die Sprechstundenhilfe Sie nicht aufhält, sondern Ihnen die Tür zum Sprechzimmer weit öffnet. Und genau das ist in Dresden geschehen: Nicht die Pegida-Pöbler waren das Erschreckende (die gibts immer und muss es in einer Demokratie auch geben), sondern die Polizei, die offensichtlich nicht willens war, ihrer neutralen Schiedsrichterrolle nachzukommen - so dass medial der Eindruck entstand, die Pöbler seien "das Volk".
Wer sich in Deutschland machtlos fühlt und glaubt, dass ihm Frauke Petrry mehr Sozialstaat und mehr gesellschaftliche Teilhabe bringen würde als Angela Merkel, der sollte sich für diese Meinung auf faire Weise Mehrheiten besorgen.
Nicht normal dagegen wäre, wenn Sie pöbelnderweise die Arztpraxis betreten und die Sprechstundenhilfe Sie nicht aufhält, sondern Ihnen die Tür zum Sprechzimmer weit öffnet. Und genau das ist in Dresden geschehen: Nicht die Pegida-Pöbler waren das Erschreckende (die gibts immer und muss es in einer Demokratie auch geben), sondern die Polizei, die offensichtlich nicht willens war, ihrer neutralen Schiedsrichterrolle nachzukommen - so dass medial der Eindruck entstand, die Pöbler seien "das Volk".
Wer sich in Deutschland machtlos fühlt und glaubt, dass ihm Frauke Petrry mehr Sozialstaat und mehr gesellschaftliche Teilhabe bringen würde als Angela Merkel, der sollte sich für diese Meinung auf faire Weise Mehrheiten besorgen.
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