Samstag, 2. September 2017
Entrechtung
Wenn die Justiz mit skandalös milden Strafurteilen Aufsehen erregt, bewegt sie sich meistens unterhalb der justiziablen Rechtsbeugung, nicht nur, weil sie selbst über sich zu befinden hätte; die Richter haben einen weiten Spielraum innerhalb der Gesetze, der natürlich nicht Spielraum heißt. Dass es der Angeklagte sowieso schon schwer hat, kann das Strafmaß mildern, ebenso, was immer wieder Entsetzen auslöst, der kulturelle Hintergrund, der eine Unrechtseinsicht verhindert und deshalb die Schuld mindert. Viele hören zum ersten Mal davon, dass Kultur die Einsicht in das Unrecht mindert oder dass Gewohnheitsrecht ohne jede rechtliche Grundlage zur Urteilsfindung herangezogen wird. Darüber darf man nämlich nichts vermuten bei denen, die demnächst länger hier leben werden. Als sei das nur für eventuelle Strafzumessungen relevant.
Der juristische Punkt ist der: Mit der Verhängung einer geringen Strafe wegen Kultur bewegt sich der Richter im Rahmen des Gesetzes. Dann dürfte er aber nicht Bewährung geben. Die Bewährung ist sinngemäß daran gebunden, dass schon das Geschnapptwerden eine kathartische Wirkung gehabt hat und zur Achtung der Rechtsordnung führt.
Bei denen, die weder Recht noch Gericht ernstnehmen, dürfte das ausgeschlossen sein.

Beides zusammen im selben Urteil, das ist nicht Rechtsbeugung, das ist Rechtsentsorgung.

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