Sonntag, 17. Januar 2016
Das Behagen an der Unkultur
Bei der Untersuchung, warum westintellektuelle Milieus traditionell eine Sympathie für Despotien und totalitäre Ideologien aufbringen, schaut man üblicherweise auf das Charisma des Führers und die schönen Lügen der Ideologie. Anschließend ist die Verwunderung über die Verblendung des britischen Stalinordens oder des islamogeilen Feuilletons nur umso größer.
Der Grund liegt nicht im Objekt der Verehrung, sondern bei den pseudoelitären Verehrern selbst, und ist der Bezug zur Masse.
Demokratie und Pluralismus sind eine Demütigung der Eliten. Die Unteren sollen ihnen gleich sein, welch eine Herabsetzung. Um wieviel schöner ist eine Masse, auf die man herabblicken kann.
Intellektuelle wollen keineswegs der Masse dienen, sie wollen aus ihr hervorstechen. Ihr Wunsch ist es, Hofintellektueller zu sein. Eine offene Gesellschaft von Individuen, eine Demokratie, vermindert ihre Position.
Daher kommt auch die Liebe zu den Randgruppen. Das sind ebenfalls Massen, sogar welche, die sich von der großen Masse abheben und für die man sich deshalb einsetzen kann. Egal, ob Homomassen oder Frauenmassen oder Migrantenmassen. Die Sympathie verschwindet augenblicklich, wenn ein Individuum aus seiner Bezugsmasse heraustritt und inkorrekten Ärger macht. Das bekommt den ganzen aufgestauten Hass ab.

Masse gegen Frau oder Homosexuellen, da liegt die Sympathie ganz bei der Masse. Die Frau oder das homosexuelle Individuum ist Konkurrent, die Masse nicht.

Noch demütigender sind Demokratie und Rechtsstaatlichkeit für die Kaste der Politikbetreiber. Sie stehen in absolutistischer Tradition, sind aber durch Recht und Gesetz formal gebunden. Die Verfassung ist das, was sie einschränkt. Der politische Gegner ist immer der freie Bürger. Wir müssen nicht lange suchen, um Beispiele zu finden, wie mit Ausnahmesituationen eine Ermächtigungsgrundlage für rechtsstaatswidriges Handeln geschaffen wird. In Kreisen, die nach Identifikationsfiguren suchen, die ihre Allmachtsphantasien bedienen, bringt das nur weitere strukturelle Zustimmung.

Es ist daher nicht zu erwarten, dass die Arbeiter der Tastatur zu Einsicht und Umdenken fähig sind. Das Milieu erzählt sich die milieukonformen Sachen. Es ist nicht möglich, dass sich das Milieu genausogut etwas erzählt, das nicht auf Konformität angelegt ist.
Wir sollten einfach keinen Wert mehr darauf legen, was da so erzählt wird.

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