Montag, 16. April 2018
Echoraum
Vermutlich ist eine Zeile, in der ein Rapper seine Körperdefinition einem Vergleich mit Auschwitzinsassen unterzieht, kein Fall, bei dem ein Antisemitismusforscher von einer neuen Qualität von Antisemitismus sprechen würde, und der Rapper selbst würde gar nicht gestehen, aus antisemitischer Einstellung getextet zu haben.

Das ist es ja.
Für die Rapperei ist so was überhaupt keine Provokation, kein Grenzübertritt, keine unfachgerechte Äußerung.
Und für das bundesdeutsche Hoffeuilleton fallen die nicht ins Raster. Kein Fall für den Achtundsechzigerschutz. Keine Gefahr fürs Establishment. Also kein Grund, die gängigen Verdächtigungen und Keulen herauszuholen, bei denen doch nicht.

Einfach keiner der üblichen Anlässe für geheuchelten Schock.

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Sonntag, 15. April 2018
Feindeslager
Der DLF fragt im Feature „Herd, Heimat, Hass“, wieso sich ehemals linke Intellektuelle dem rechten Lager zuwenden.
Vielleicht wegen so was.
Man kann eine Weile ertragen, wenn dem Intellekt nichts geboten wird, aber man sieht sich zum Handeln genötigt, wenn der Intellekt bekämpft und beleidigt wird.
Ein rechtes Lager gibt es noch weniger als Islam und Abendland nach linksiger Auffassung, das ist eine Übertragung der eigenen Strukturen. Einfach gefragt: Welche Aufstiegsmöglichkeiten böte dieses Lager? Dass man einen Fuß in der Tür bei Mediengremien hat und es mal zum leitenden Ressortsekretär einer großen rechten Wochenzeitung bringt? Dass man den Großen Nationalpreis erhält? In der Nationalen Volksarmee befördert wird, als Kandidat der Nationalen Front aufgestellt wird, ein rechtes Bundesland regiert oder Versorgungsposten in rechten Stiftungen ergaunert?
Im Wort Lager steckt die Freudsche Minderleistung, sich die Gegner dahin zu wünschen.

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Samstag, 14. April 2018
Neo68er
Was stimmt an dieser Zeile: „Robert Habeck will die Grünen 'radikal und staatstragend' aufstellen“ nicht?
Staatstragend. Die Grünen gerieren sich vielleicht staatstragend, das ist Schwindel, sie wollen vom Staat getragen werden. Den Staat dominieren, kontrollieren, nicht ihm oder gar der Gesellschaft nützen.
Woher diese Unterstellung? Aus der Empirie, gut, die ist deutbar, aber hier: aus der Formulierung. Hat er was von Gewaltenteilung, von der Möglichkeit der Abwählbarkeit der Personen in herrschenden Positionen, von Kontrolle durch das Volk gesagt? Nicht bekannt.
Mag sein, er will den Grünen und Gefolgschaft den Hass gegen den Staat austreiben, aber nicht aus demokratischem Verständnis, sondern um dahin zu gelangen, dass politische Gegner als Staatsfeinde bekämpft werden können.
Und den Staat erweitern will er natürlich, damit er für alle reicht.
So grünt es ihm und seinen Staatsträgern.

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Freitag, 13. April 2018
Nach dem Facebook-Beschluss
Der Gerichtsbeschluss zur Aufhebung einer Facebook-Löschung wird als Sieg für die Meinungsfreiheit betrachtet – von denen, die für Meinungsfreiheit sind und die noch aus der Zeit stammen, als ein Urteil oder Beschluss pro Grundrecht eine Auswirkung hatte der Art, dass damit die Achtung des Grundrechtes wieder hergestellt würde und den Betreibern der Einschränkung die Sache total peinlich wäre. Wir müssen diese Zeiten als überwunden ansehen und erwarten, dass man sich eben etwas Besseres einfallen lässt. Es gibt genügend Kapazitäten und Menschen, die über so was nachdenken können, wir sind ein reiches Land, und die Möglichkeiten für Sanktionen sind noch nicht voll entwickelt.
Es ist damit zu rechnen, dass eben nicht mehr die Löschung von schlechten Inhalten vorgenommen wird, sondern dass man sich direkt an deren Verfasser wendet. Man wird Erziehungsmaßnahmen brauchen, Schauprozesse, aber nicht juristischer, sondern emotionaler Art. Die Herrschenden brauchen nicht den Mangel an Gegnern, sondern die allgemeine Freude daran, wenn man wieder einen erwischt hat. Und die allgemeine Angst davor, mit so wem jemals was zu tun gehabt zu haben.

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Donnerstag, 12. April 2018
Unterschied zum Stalinismus
Eine intellektuell unlautere Argumentationsweise ist „ad personam“, personenbezogen; etwa: das sagt einer, von dem wir keine Meinungen entgegennehmen.
Diese Art ist nicht nur mittlerweile journalistischer Standard, sie ist noch erweitert auf personengruppenbezogen: Der das sagt, ist irgendwie denen zuzurechnen, gegen die wir sein dürfen und müssen.
Diese Art der Meinungs-Nichtmache ist durchaus ein Herrschaftsinstrument, es zeigt den Beherrschten, dass sie zu den Ausgestoßenen gehören, sobald sie da zu nah herangehen oder in diese „Ecke gestellt“ werden könnten.

Das funktioniert bei Menschen mit Mangel an Selbstschätzung, und das sind wir nun mal leider alle, weil wir alle von Voraussetzungen leben, die zu schaffen wir nicht in der Lage wären. Wir schaffen es ja nicht einmal, unsere eigene Kultur zu bewahren, also sind wir schlecht und sollten nicht noch schlechter dastehen als der Durchschnitt. So funktioniert das.

Das war im Stalinismus anders; das bisschen, was die Arbeiterklasse hatte, hatte sie erarbeitet. Da musste man schon die gesamte Existenz bedrohen.

In der Spaßgesellschaft genügt die Angst, nicht mehr mitspielen zu dürfen.

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Mittwoch, 11. April 2018
ttt-Erklärung
Vielleicht ist nicht allen klar, warum ttt-Redaktion und Sender und Statementgeber so was machen, den Zuschauern zu sagen, was sie von der Erklärung für Rechtsstaatlichkeit zu halten haben.
Es ist keineswegs der Erziehungsauftrag. Es geht kaum bis gar nicht darum, das Publikum zu belehren, so ein Beitrag hätte auch gar keinen Lehrinhalt. Soweit das Publikum überhaupt bevormundet werden soll, soll es emotional eingestellt werden, das funktioniert in der Menge ja doch, vermittelt wird das Gefühl, dass hier irgendwas läuft, wo man lieber nicht zu nah herangeht.
Aber in der Hauptsache geht es darum, dass die Macher ihren Herrschern zeigen: Wir stehen zu euch, genauer: zu Euch, wir sind es wert, unseren Job zu behalten.
Erst danach ergeht die Drohung an die Gegner mit der Botschaft: und ihr nicht.

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Dienstag, 10. April 2018
Wahlkampfimpressionen
In unserer Hauptwohnsitzstadt sind Bürgermeisterwahlen, immerhin heißen sie noch nicht Bürgerinnenmeisterinnenwahlen, und da die Kandidaten und ihre Helfershelfer herumstehen müssen, können wir unsere Eindrücke mitteilen. Positiv zu konstatieren ist, es gibt kaum ideologischen Müll, sogar die Piratenbraut redet im Normalfall normal. Andererseits könnte man schon wieder negativ sagen, nicht einmal ideologisch wird kontrovers wahlgekämpft, nämlich gar nicht. Es gibt keine Probleme. Außer der Frage, ob der Bus durch die Tiefgarage fahren soll und ob das Kulturhaus zur Schwimmhalle umgebaut wird. Das sollen die Konzepte sein, für die man einen Oberbürgermeister wählen soll.
Sofern Differenzen und damit Angriffsmöglichkeiten auftauchen, werden sie von den Mitbewerbern jedenfalls nicht benutzt.
Eine Veranstaltung mit allen Kandidaten und Fragemöglichkeit zeigte: Alle wollen, wenn sie überhaupt wollen, sich ins Amt hineinmerkeln. Der Amtsinhaber möchte weitermerkeln. Das Merkeln wird ihm den Merkelbonus bringen, nicht dem CDU-Kandidaten.
Hätte einer gefragt, ob in der Runde überhaupt die Mehrheitsmeinung besteht, dass der Amtsinhaber abgewählt werden soll, hätte es vielleicht kontroverses Nachdenken gegeben. Er, übrigens, konnte oder wollte nicht einmal darstellen, wo er die Abgrenzung zum Amtsmissbrauch zieht.
Überflüssig zu erwähnen, dass die Runde von der lokalen Zeitung veranstaltet worden war. Lockeres Gruppenfoto am nächsten Tag.
Das war ein breites Bündnis gegen den Wähler.
Wenn das so läuft, brauchen wir nicht mehrere Parteien, da ist eine effizienter.

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Montag, 9. April 2018
Schlechte Meinungen
Wenigstens als Meinung rubriziert, der Aufmacherartikel von WeLT-online: „Nun droht die Orbánisierung Europas. Mit seiner Vision einer ‚illiberalen Demokratie‘ hat Viktor Orbán Ungarn unterworfen. Der Wahlsieg gibt ihm Rückenwind, das Projekt europaweit zu exportieren -- und er hat gelehrige Schüler.“
Meinung ist, wenn man nicht wegen Falschaussage drangekriegt werden können soll. Aber sogar das ist falsch. Es sind verschwurbelte Metaphern von scheinbar realen Vorgängen und Tatsachen. Und diese Darstellungen können nun mal falsch sein, falsch heißt im ehemals journalistischen Verständnis: korrigierbar.
Nur weil eine falsche Tatsache vorgespiegelt wird und mit Emotion angereichert, wird daraus noch keine Meinung.
Nicht einmal der Meinungsjournalismus ist noch nicht heruntergekommen.

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Sonntag, 8. April 2018
Normalpresse
Man kann durchaus das Gegenteil von Bemängeln machen, also äußern, dass nicht zu beanstanden ist, wie die Presse mit den Informationen umgegangen ist; vielleicht Anschlag, dann aber doch nicht, wahnsinniger Jens, Erschütterungsmeldung der Kanzlerin. Es sah nach Anschlag aus, und man gab sich keine Mühe, verdruckst herumzureden und die Hoffnung auszudrücken: bitte nicht Islam, bitte nicht Islam! Also geradezu normal.
Das setzt Maßstäbe. So wollen wir das auch beim nächsten Mal, wenn es wieder ein islamischer Terror ist. Melden, was man weiß, zeitnahe Kanzlerinbetroffenheit, Nennung der Nationalität, keine verständnisvolle Relativierung.
Alles andere wäre Saftpresse.

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Samstag, 7. April 2018
Weniger ist besser
Man kann auch aufhören, sich damit zu beschäftigen, wie die Medien emotional benachrichtigen, es hat überhaupt keinen Sinn. „Nahles tadelt Spahn und Seehofer“, so lauten die Aufmacher, und damit ist das, was Spahn und Seehofer taten oder sagten, nicht mehr das Thema, sondern das Aufstehen der Nahles gegen das Übel, das den Koalitionsfrieden bedrohe. Journalisten werden sagen, so funktioniert es nun mal, so ist die Aufmerksamkeit zu bedienen, aber in anderer politischer Richtung wäre „gekeilt“ und „geschürt“ worden, „gepöbelt“ natürlich auch, bis sich ein Gutling findet, dem „der Kragen platzt“.
Man glaubt schon jetzt nicht mehr, dass es einmal anders war. Es übersteigt mittlerweile die Vorstellungskraft, dass Presse einmal Abstand wahren wollte. Oder sich die Mühe machte, den Eindruck zu erwecken, den Abstand wahren zu wollen. Oder gar den An-.
Aber wer das als Journalist jetzt noch täte, würde bei der nächsten Schrumpfung nicht übernommen mangels Standpunktqualifikation.
Gesundschrumpfen wird es also nicht geben, nichtsdestoweniger ist weniger mehr, es muss weiter geschrumpft werden.

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Freitag, 6. April 2018
Die Sprache des Grünen Reiches: Arbeiterviertel
Gesundheitsminister Spahn hat es in der NZZ durchgestochen, die FAZ reagiert beschwichtigend, das Thema Rechtlos-Gegenden.
„Schauen Sie sich doch Arbeiterviertel in Essen, Duisburg oder Berlin an. Da entsteht der Eindruck, dass der Staat gar nicht mehr willens oder in der Lage sei, Recht durchzusetzen.“
Ja schon, Spahn war ausreichend clever, nicht zwei Themen zugleich umstritten zu machen. Da kann man ihm nichts, da ist er abgesichert, wenn es um die Durchsetzung von Recht geht.
Nur hängt es ja doch irgendwie zusammen, dass das so ist und dass die Gegenden am Austauschprogramm teilgenommen haben.
Arbeiterviertel – wenn es solche wären, würden sich jetzt die Gewerkschaften wegen Generalverdachts aufregen. Natürlich nur, wenn es Gewerkschaften wären.

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Donnerstag, 5. April 2018
Heute-Show vor achtzig Jahren
Ein Fernsehklassiker ist auf Youtube online, die erste heute-Show, damals noch schwarz-weiß, aber schon Fernsehen. Oliver Welke hat sich gut gehalten, muss man sagen, Publikum war nicht live im Studio damals, das wirkt sich auf das Timing der Gags aus, aber die Autoren haben schon alles gezeigt.
Man weiß nicht, wie lange die Sendung gedauert hat, hier ist eine Minute dokumentiert, ab 9:15.
MAZ ab.

https://www.youtube.com/watch?v=y48VcrUoVNg
 

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Mittwoch, 4. April 2018
Neuigkeit für die Presse
Ein Prinz, der das Existenzrecht Israels anerkennt, verblüfft unsere Feuilletonpresse. Fehlt nur, dass sie von einem Rechtsruck in der arabischen Welt schreibt.
Diese Verblüffung, das große Thematisieren, ist aber nur in Ausnahmefällen ein „na endlich“, sondern überwiegend distanziert. Und überhaupt nicht kommt vor, was der allgemeine Konsens ist, in Arabien und dem Feuilleton: dass man sich Israel wegphantasiert.

Jetzt muss man sich eben etwas anderes einfallen lassen, vielleicht klagt die Umwelthilfe gegen Dieselfahrzeuge in Israel.

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Dienstag, 3. April 2018
Geschlechtsspezifisches Anlegen
In der Sendung „Informationen am Morgen“ im Deutschlandfunk kommt eine Rubrik mit Wirtschaft und Börse, China verhängt Strafzölle, die Kurse in Amerika fallen, „die Anlegerinnen und Anleger sind in Sorge“.

Das würde uns aber noch weiter interessieren, die Anlegerinnen sind in Sorge, wie sieht das aus? Hysterisches Kreischen oder mittlerweile nüchternes Analysieren der Schuld bei den Männern? Und was heißt das für die Wirtschaft? Profitiert Deichmann? Sind Friseurtermine ausgebucht? Hat die Pharmaindustrie Angebote speziell für besorgte Anlegerinnen? Handelt der Staat und Schafft Yogakurse?

Das sind alles relevante Fragen, vielleicht gibt es auch noch andere, wenn man zwischen Anlegern und Anlegerinnen unterscheidet. Oder man geht davon aus, dass nicht mit dem Geschlecht angelegt wird, dann sind es Anleger.

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