Donnerstag, 12. Februar 2015
Die Sache mit der Ausgrenzung
Die Pariser IS-Attentäter kamen aus prekären Verhältnissen im sozialen Wohnungsbau, wird angeführt, als ob diese Nachricht eine Erklärung wäre -- nein, als ob diese Nachricht eine Besänftigung der Benachrichtigten wäre, was sie ja auch ist.
Nun stehen die Milieus der Pariser Plattenbauten unter denen des Feuilletons, ohne Frage. Daraus resultiert eine herablassende Haltung, geradezu zwangsläufig. Aber mitgeteilt wird doch nur, wie sehr die Maßstäbe verrutscht sind.
Die tatsächlichen Lebensumstände in den Hochhaussiedlungen sind nicht wie aus dem Katalog. Aber hätte man sie Leuten in der DDR oder in der Sowjetunion beschrieben -- Wohnung für alle, warmes Wasser, Küche Bad, und auch noch Geld -- hätten sie nicht geglaubt, dass es sich um eine Situation der Ausgrenzung handelt, sondern vermutet, das ist Kommunismus. Schlaraffenland. Und es für unmöglich gehalten. Wer soll das alles erarbeiten?
Die materiellen Umstände sollten also nicht für die Begründung von Verbrechen herhalten. Und die sozialen? Kommt darauf an, was man darunter versteht. Gemeinschaften von Kleinstadtgröße können ihre Dysfunktion nicht den noch größeren Nachbarstädten zuschieben. Sie funktionieren in eigener Organisation. Sie haben ihre eigenen sozialen Ursachen. Die Parallelgesellschaft entscheidet.
Soziologen werden gar nicht erst hereingelassen. Sie hätten nur zu erforschen, was man gar nicht sehen will.

Sind sie nicht aber doch im Ghetto eingesperrt?
In der Informationsgesellschaft lässt sich diese Tierschützersicht nicht aufrechterhalten. Sie dürfen heraus, sie hätten zu Fuß oder mit der Metro den Louvre erreichen können, um Malerei zu sehen und sich davon inspirieren zu lassen. Sie können am Internet ein Fernstudium zu Teilchenphysik oder Literatur absolvieren. Was auch immer sie wollen. Keine Gesellschaft hindert sie, außer der eigenen.

... link (3 Kommentare)   ... comment